75 BMAG Wildau; Rep. 75 Berliner Maschinenbau AG (vorm. L. Schwartzkopff), Wildau (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 75 Berliner Maschinenbau AG (vorm. L. Schwartzkopff), Wildau
Dat. - Findbuch:1854 - 1951
Vorwort:Firmengeschichte

Louis Victor Schwartzkopff wurde am 5. Juni 1825 in Magdeburg als Sohn eines Kaufmanns und Besitzers einer Gastwirtschaft geboren. In Magdeburg besuchte er das Domgymnasium und die Handelshochschule, und macht dort, erst 16jährig das Abitur. Zu seinen Schulfreunden zählten Hermann Gruson und William Siemens. Seine Neigung und sein Interesse zur Mechanik erwachten bei Schwartzkopff schon früh.
Nach Ableistung seines militärischen Dienstjahres bei den Pionieren studierte er am Gewerbeinstitut von Beuth in Berlin.
Von 1845 bis 1847 arbeitet er bei Borsig in sämtlichen Werkstätten. Die häufigen persönlichen Begegnungen mit August Borsig waren Schwartzkopff sehr wichtig. Mit Montagen von Lokomotiven, Lokomotiv-Probefahrten und einer halbjährigen Tätigkeit als Lokomotivführer schloss Schwartzkopff seine Lehrzeit ab. 1848 wurde er zum Maschinenmeister der Magdeburg-Wittenberger-Eisenbahn ernannt. Im gleichen Jahr unternahm er zusammen mit August Borsig eine Studienreise nach England, dessen Industrie damals als Vorbild für die kontinentalen Fabriken angesehen wurde. 1851 gab er seine Stellung bei der Magdeburg-Wittenberger-Eisenbahn auf und siedelte nach Berlin über. Dort kaufte er in der Chausseestraße das Grundstück Nr. 20 mit einem Wohnhaus und einem Holzschuppen und errichtete am 3. Oktober die "Eisengießerei und Maschinenbau-Anstalt von Louis Schwartzkopff".
Die Zeitumstände für die Gründung diese Unternehmen waren günstig. In erster Linie wohl durch den uneingeschränkten Siegeslauf der Eisenbahn. In der ersten Zeit wandte er sich vorwiegend dem Eisengußbetrieb zu und 1855 der Erzeugung von Spezialmaschinen eigener Konstruktionen. Es wurden Ventilatoren, Kesselpumpen, Dampfhämmer und insbesondere Fördermaschinen gebaut. Dem Unternehmen blieben aber auch schwere Zeiten nicht erspart. So machte sich 1858 der Rückschlag der von Amerika ausgehenden Weltwirtschaftskrise auch in Deutschland bemerkbar. Und zwei Jahre später zerstörte ein großer Brand die Fabrik Schwartzkopffs. Der Eintritt der durch die Überspekulation nach dem Krimkrieg hervorgerufenen Handelskrise ließ in Schwartzkopffs bisherigen Fabrikationszweigen eine wesentliche Beschränkung des Absatzes erwarten. Daher widmete er sich der Herstellung von Eisenbahn-Bedarfsartikeln.
1861 trat Emil Kaselowsky, ein Schüler Redtenbachers und hervorragender Ingenieur, in die Dienste Schwartzkopffs. Innerhalb weniger Jahre wurde er Oberingenieur und Leiter des Konstruktionsbüros, einige Jahre später der Schwiegersohn Schwartzkopffs.
1866 verwirklichte die Firma ihr Anliegen, eine Abteilung für den Bau von Lokomotiven einzurichten und erhob den Lokomotivbau zum Hauptzweig der Fabrikation, wobei dies tatkräftige Unterstützung durch den damaligen Handelsminister, den Grafen von Itzenplitz, fand.
Da zu diesem Zweck die Fabrikräume in der Chausseestraße nicht mehr ausreichten, erfolgte der Ankauf eines Grundstückes im Norden Berlins an der Stettiner Eisenbahn, in der damaligen Ackerstraße, später Scheringstraße. Die nunmehr eingetretene Entwicklung der Firma gab die Veranlassung, dass sie am 1. Juli 1870 in "Berliner Maschinenbau Aktiengesellschaft vorm. Louis Schwartzkopff" umbenannt wurde. Diese Aktiengesellschaft blieb noch bis 1888 in der Oberleitung des Gründers Louis Schwartzkopff, welcher auch Generaldirektor der Aktiengesellschaft wurde. Bereits 1868 ernannte ihn König Wilhelm I zum Kommerzienrat.
Tief einschneidende Veränderungen im wirtschaftlichen Leben Deutschlands bzw. Europas brachte die Kriegserklärung vom 19. Juli 1870, in welcher Frankreich Preußen den Krieg erklärte. Nach Kriegsende musste die Firma einen starken Rückgang von Aufträgen hinnehmen.
In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts erfuhr der Bedarf an Lokomotiven eine erhebliche Einschränkung, daher wandte man sich auch anderen Geschäftszweigen zu, z. B. der Herstellung von Torpedos, Seeminen und anderen Kriegsmaterial mit den dazugehörigen Maschineneinrichtungen wie Dampfmaschinen, Dampfkesseln, Luftkompressoren u. a..
Auch die Elektrotechnik übte Ihren Einfluss auf die Firma aus, so dass 1885 eine "Elektrotechnische Abteilung" gegründet wurde, die für den Bau von Dynamos, Motoren und Transformatoren verantwortlich war.
Große Erfahrungen hatte die Gesellschaft im Bau von elektrischen Ausrüstungen für Handels- und Kriegsschiffe, u. a. von elektrischen Nacht-Signalapparaten für Kriegsschiffe nach Patenten von Emil Kaselowsky.
Am 30. Juni 1888 legt Louis Schwartzkopff nach 36jähriger Tätigkeit sein Amt als Generaldirektor nieder, welches sein Schwiegersohn Emil Kaselowsky übernahm. Am 7. März 1892 starb Louis Schwartzkopff im Alter von 67 Jahren.
Unter der Oberleitung seines Nachfolgers begann 1897 die Herstellung von Linotype-Setzmaschinen nach dem System von Mergenthaler, 1903 der Bau von langsam- und schnelllaufenden Kolbenpumpen und 1908 die Herstellung von kompletten Anlagen für Druckluftgrubenbahnen und von Spezialmaschinen zur Herstellung von Glasflaschen und Glasröhren. Im gleichen Jahr wurden zusammen mit der bekannten Firma J. A. Maffei in München die Maffei-Schwartzkopff-Werke GmbH gegründet und seit 1909 auch der Bau von elektrischen Lokomotiven für Voll-, Neben-, Industrie- und Grubenbahnen aufgenommen. Bei den Weltausstellungen in Brüssel und Buenos Aires erhielten die Schwartzkopff-Dampflokomotiven je einen "Grand Prix".
1924 entschloss sich die Firma auch den Bau von Diesellokomotiven aufzunehmen, nachdem es ihr mit dem Schweizer Ingenieur Anton Huwiler gelungen war, ein sicher und stufenlos arbeitendes Getriebe herauszubringen. Da sich letzteres auch für viele andere Zwecke verwenden ließ, wurden im gleichen Jahr zur Verwertung der Auslandspatente die "Aktiengesellschaft für hydraulische Getriebe System Schwartzkopff-Huwiler" in Basel gegründet. Der Lokomotivbau, der immer den Hauptzweig der Fabrikation ausmachte, nahm in jener Zeit wieder einen solchen Aufschwung, dass die Werkstätten an der Chausseestraße den steigenden Ansprüchen nicht mehr genügten. Deshalb wurde 1897 beschlossen, die neue Lokomotivfabrik an anderer Stelle zu errichten.
Die neue Lokomotivfabrik lag ungefähr 30 km südlich von Berlin in Wildau bei Königs Wusterhausen an der von der Firma erbauten Station Wildau der Berlin-Görlitzer Eisenbahn. Dies war sowohl von der Berliner Stadtbahn, als auch vom Görlitzer Bahnhof in Berlin aus zu erreichen. Am 1. September 1900 begann die Fabrikation im Werk Wildau. Dieses Werk war auf eine jährliche Herstellung von 600 - 700 Lokomotiven ausgerichtet und erhielt einen eigenen Stichkanal von der Dahme her, um auf dem Wasserwege Kohlen und Rohstoffe anzuliefern. 1901 wurde im Werk Chausseestraße die letzte hier gefertigte Lokomotive ausgeliefert. In Wildau waren Ende 1901 bereits 860 Angestellte und Arbeiter beschäftigt, Ende 1902 waren es 1200. Die Geschäfte der Firma liefen gut, Schwartzkopff wurde nach Krupp und Henschel die drittgrößte Lokomotivfabrik.
Da die Fabrikanlage auf einem freien Feld errichte wurde, mussten für die Angestellten und Arbeiter auch Wohnungen geschaffen werden. Aufgrund der Abgelegenheit der Fabrikanlage zu den nächsten Ortschaften wurden weiterhin von der Firma eine Konsumanstalt, ein Kasino, eine Schule und eine Feuerwehr gebaut. Um bei der Vergrößerung des Werkes den Weiterbau zu fördern, gründete die Firma 1906 die Baugesellschaft Wildau mbH. Mit der ständigen Ausdehnung des Werkes war eine ständige Vergrößerung der Einwohnerzahl des Ortes Wildau zu verzeichnen. Die eigentliche Fabrikanlage begann im Norden mit der in unmittelbare Nähe des Kanals gelegenen Hammerschmiede. Diese wurde 1914/15 errichtet und mit den modernsten Einrichtungen ausgestattet.
Mit dem Kriegsausbruch im Jahre 1914 kam es zu größeren Veränderungen. Innerhalb weniger Tage wurden 36 der Betriebsmitglieder zum Militär einberufen. Der Güterverkehr und der Materialeingang stockten. Viele Firmen zogen ihre Aufträge zurück. Alle Lieferungen nach Übersee bzw. für das "feindliche" Ausland mussten eingestellt werden, dagegen arbeitete die Kriegsmaterialabteilung mit Sonderschichten. Während der Zeit, in der die Angestellten und Arbeiter zum Heeresdienst einberufen waren, gab es für die Angehörigen finanzielle Unterstützungen, wie beispielsweise die Stiftung eines Kriegsopferfonds. 1916/17 war ein sprunghaftes Ansteigen der Kriegsproduktion zu verzeichnen. Schwartzkopffs Monatsbilanzen wiesen Umsätze von 15 Millionen Mark aus und die Belegschaft war auf 10 000 angewachsen.
Nach der Novemberrevolution 1918 wurde durch den Versailler Vertrag die Herstellung von Kriegsmaterial verboten. Infolgedessen kam es zu einer zwangsläufigen Entlassung von 5 000 Arbeiter und Angestellten. Es folgten Unruhen, Streiks und sprunghafte Preissteigerungen. Die Unsicherheit in der Kohle- und Stromversorgung störten die Produktion.
Um ständig genügend Nachwuchs zu haben, hatte sich die Firma mit der Ausbildung von Lehrlingen besonders beschäftigt. 1920 wurde eine mit den modernsten Lehrmitteln ausgestattete Werkschule mit Lehrwerkstätten auf den Fabrikgelände errichtet.
Im Berliner Werk entstand 1926 eine Abteilung zur Herstellung von Spezial-Druckmaschinen. Im gleichen Jahr begann der Bau von Lokomotoren (Motorkleinloks für den Verschiebedienst) in Zusammenarbeit mit den Niederländischen Staatsbahnen. Es erfolgte eine Lieferung von etwa 20 Lokomotoren in die Niederlande im Jahre 1929.
1928/29 wurde ein Tiefstand an deutschen Lokomotivaufträgen verzeichnet. Seit Ende 1919, während der Weltwirtschaftskrise, kam es zum stärksten Rückgang an Aufträgen und Anfragen aus dem In- und Ausland. Im Oktober 1930 musste das Werk infolge des Metallarbeiterstreiks vorrübergehend stillgelegt werden. In den Jahren 1933/34 war die zehnjährige Krise im deutschen Lokomotivbau überwunden. Die Arbeitsstunden wurden verdoppelt und die Aufträge stiegen wieder.
Der Zweite Weltkrieg brachte einen steilen Anstieg der Profite. Zwischen 1934 und 1939 stieg die Bilanzsumme von 16,3 auf 30 Millionen Mark. Der Reingewinn, der 1934 bei 5,45 Millionen lag, erreichte 1837/38 bereits 17,1 Millionen und 1940/41 32 Millionen Mark. In den Schwartzkopff-Werken arbeiteten ca. 4 000 ausländische Arbeiter und Kriegsgefangene.

Bestandsgeschichte

Der Bestand Berliner Maschinenbau AG vorm. Louis Schwartzkopff Wildau wurde vom Betriebsarchiv des VEB Schwermaschinenbau Kombinat "Ernst Thälmann", Werk "Heinrich Rau", Wildau in den Jahren 1974 - 1988 an das Brandenburgische Landeshauptarchiv abgegeben. 1995 erfolgte die Bewertung, Verzeichnung, Ordnung und technische Bearbeitung.
1997 und 2005 gelangten weitere Zugänge durch Bestandsabgrenzungen in das Archiv. Diese Akten wurden 2005/2006 in den Bestand eingearbeitet.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1690547
 
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