Angaben zu Inhalt und Struktur |
Titel: | Rep. 86 Universität Frankfurt (Oder) |
Dat. - Findbuch: | 1192 - 1899 |
Vorwort: | Behördengeschichte
Nachdem im 15. Jahrhundert außerhalb der Mark bereits in einigen deutschen Territorien Landesuniversitäten gegründet worden waren, erwirkte 1498 auch Brandenburg die Genehmigung des Papstes dafür. Im April 1506 wurde die Universitas litterarum Viadrina in Frankfurt eingeweiht. Trotz des von deutschen Humanisten, darunter Ulrich von Hutten, anfangs lebhaft geförderten neuen Geisteslebens erreichte diese Hochschule selten größeren Aufschwung und Bedeutung. Schon die Kanzlerschaft der Bischöfe von Lebus hemmte die Entwicklung von Anfang an und besonders in den Tagen der Reformation, so dass die Studenten frühzeitig Wittenberg bevorzugten. Frankfurt diente deshalb vorwiegend als Ausbildungsstatte landesherrlicher Beamter und der Geistlichkeit. Im 17. Jahrhundert setzte sich unter den Theologen mehr und mehr die reformierte Richtung durch, so dass diese Fakultät aus der Mark nur wenig Zulauf hatte. Bedeutender wurde die medizinische und an der Spitze stand die juristisch-kameralistische Fakultät, an der u. a. Cocceji, Johann Jakob Moser, Böhmer und Daries, teils als Studenten, teils als Lehrer hervortraten. Daries begründete zusammen mit Suarez 1766 die Sozietät der Wissenschaften in Frankfurt (Oder), die vor allem praktischen Übungen gewidmet war. Weitere Konkurrrenz erwuchs der Viadrina durch die 1693 in Halle (Saale) errichtete Friedrichs-Universität. Halle wurde durch den Wechsel von Christian Thomasius und August Hermann Francke aus Leipzig seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert zum Zentrum von Aufklärung und Pietismus und zu einer führenden Bildungsstätte Preußens. Durch die Gründung der Berliner Universität im Jahre 1810 war das Schicksal der Viadrina besiegelt. Nach 300 Jahren ihres Bestehens wurde sie 1811 aufgelöst, nach Breslau verlegt und mit der dortigen Leopoldina vereinigt. Für die Abwicklung der Geschäfte der aufgehobenen Universität sorgte von 1811 bis 1815 eine Verwaltungskommission in Frankfurt (Oder).
Als Aufsichtsorgan fungierte im 18. Jahrhundert das Oberkuratorium für die Universitäten Halle, Frankfurt, Königsberg und Duisburg, das einer der Minister des Justiz- und Geistlichen Departements leitete. Ihre wirtschaftliche Ausstattung verdankte die Universität vor allem den Säkularisationen im 16. Jahrhundert 1540 überließ ihr der Kurfürst sämtliche Güter des 1538 aufgehobenen Kartäuserklosters bei Frankfurt (Oder). Dazu gehörten das Vorwerk Kartaus und die im Kreis Lebus gelegenen Dörfer Arensdorf, Briesen, Brieskow oder Wrietzig, Döbberin, Jakobsdorf, Niederjesar und Unter Lindow (vgl. Rep. 10 B Kartäuserkloster bei Frankfurt (Oder)). 1551 erhielt die Viadrina die Güter des Domstifts St. Nikolai in Stendal. Dazu gehörten die Dörfer Beesewege, Buchholz, Garlipp, Neuendorf am Speck, Röxe, Schleuß, Staffelde und ein Anteil an Groß-Schwechten, sämtlich Kreis Stendal und Düsedau, Kr. Osterburg. 1653 musste das Amt Fürstenwalde das Dorf Hasenfelde an die Universität abtreten. Die Dörfer im Kreis Lebus verwaltete die Universität selbst; die altmärkischen Einkünfte zog eine Stendaler Agentur der Universität ein, die auch noch im 19. Jahrhundert für die Rechtsnachfolgerin in Breslau tätig blieb. Die Lebuser Güter fielen 1811 an den Fiskus und wurden fortan vom Amt Frankfurt (Oder) verwaltete (vgl. Rep. 7 Amt Frankfurt (Oder)). Die Kartause ging in Privatbesitz über. Außerdem hatte die Universität Einkünfte aus den Stiftern Magdeburg, Halberstadt, Cammin und Minden.
Bestandsgeschichte
Bei der Verlegung nach Breslau im Jahre 1811 erfolgte eine Teilung des Universitätsarchives. Die neuere Registratur einschließlich der Matrikel kam nach Breslau, vornehmlich das ältere Schriftgut gelangte an das spätere Geheime Staatsarchiv und wurde dort als I. HA., Rep. 86 aufgestellt. 1873 lieferte die Breslauer Universität 30 Aktenbündel an das Geheime Staatsarchiv ab, die Wirtschaftsangelegenheiten des 16.-19. Jahrhunderts enthielten. Der im zweiten Weltkrieg ausgelagerte Bestand kam 1949/50 an das Deutsche Zentralarchiv, Abt. Merseburg, und von dort im Jahre 1963 im Rahmen der Bestandsabgrenzung an das BLHA, wo er als Rep. 86 aufgestellt wurde. Ein dritter Teil der Universitätsregistratur mit den Akten der 1811 fiskalisch gewordenen Dörfer im Kreis Lebus kam 1839 an das neuerrichtete Rentamt Frankfurt (Oder) und nach dessen Auflösung an das Geheime Staatsarchiv, wo er mit den genannten Vorakten als Rep. 7 Amt Frankfurt (Oder) aufgestellt wurde. Ein vierter Teil schließlich, die Ecclesiastica der altmärkischen Dörfer betreffend, kam 1815 an die Regierung Magdeburg und wurde dort, vermengt mit anderen Vorakten der Regierung, im sog. Kultusarchiv aufbewahrt. Er gelangte in den Jahren 1899-1901 in das Staatsarchiv Magdeburg und wurde dort als Rep. A12 unverändert aufgestellt. Im Rahmen der Bestandsabgrenzung zwischen den Landeshauptarchiven Magdeburg und Potsdam 1963 kam der überwiegende Teile der Akten aus der Provenienz „Universität Frankfurt (Oder)" nach Potsdam und wurden in den Bestand Rep. 86 eingeordnet. 1968 erfolgte eine weitere Ablieferung von 21 Bänden aus dem Bestand Rep. 132e Universität Frankfurt (Oder) des Staatsarchives Breslau, der in Magdeburg deponiert war (jetzt Nr. 3, 5, 6, 7, 10, 11, 18-21, 25-27, 55-61 und 99). Ein Restbestand von ca. 100 Akten verblieb als Rep. A12 Spezialia, Anhang 1 im Landeshauptarchiv Magdeburg (vgl. Jaeger 2002). 1976/77 wurden die Akten der Provenienz Universität Frankfurt (Oder) im Umfang von 5 lfm aus dem Bestand Rep. 7 Amt Frankfurt (Oder) herausgelöst und dem Bestand Rep. 86 zugefügt. Anschließend wurde dieser neu verzeichnet und geordnet. Der überwiegende Teil der Überlieferung (4/5) betrifft die Güterverwaltung der Universität. Das Breslauer Universitätsarchiv und damit auch die Frankfurter Vorakten wurden im zweiten Weltkrieg bis auf geringe Reste vernichtet.
Literatur
Bertram Hartling, Die kurbrandenburgische Universität in Frankfurt/Oder und ihre Bedeutung für das Geistesleben Ostdeutschlands im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wichmann-Jahrbuch 1961/62, S. 107-120. – Walter Voss, Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Universität Frankfurt/O. 1506-1653, Diss. phil. Berlin, Greifswald 1939. – Thomas Jaeger, Das Archiv der alten Viadrina, in: Jahresbericht des Fördervereins zur Erforschung der Geschichte der Viadrina e.V. Nr. 3.2002, S. 105-114, insbesondere S. 112. – Reinhard Blänkner (Hrsg.): Europäische Bildungsströme. Die Viadrina im Kontext der europäischen Gelehrtenrepublik der frühen Neuzeit 1506-1811, Schöneiche b. Berlin 2008. - Michael Höhle, Universität und Reformation. Die Universität Frankfurt (Oder) von 1506 bis 1550, Köln - Weimar - Wien 2002. - Claudia Link, Das Studium der Medizin an der brandenburg-preußischen Universität Viadrina während ihrer letzten Frankfurter Phase, Frankfurt (Oder) 2005. - Irina Modrow, Wonach in Frankfurt "jeder, der nur wollte, gute Studien machen konnte ...". Eine kleine Geschichte der Viadrina anläßlich ihres 500. Jubiläums, Schöneiche bei Berlin 2006. - Reinhard Blänkner, Die alte Viadrina. Brandenburgische Landesuniversität in der europäischen Gelehrtenrepublik der frühen Neuzeit, in: Anne Gräfe (Hrsg.), Oder / Denken. Stimmen aus dem Chor. Eine kritische Denkschrift, Frankfurt (Oder) 2011, S. 348-367.
Der „Plan zur Vereinigung der Universität Frankfurt mit der Universität Breslau“ vom 3. August 1811, d.h. die gesetzliche Grundlage für die Verlegung der Universität Frankfurt, ist gedruckt bei Johann Friedrich Wilhelm Koch: Die preußischen Universitäten. Eine Sammlung der Verordnungen, welche die Verfassung und Verwaltung dieser Anstalten betreffen, Bd. 1, Berlin u.a. 1839, S. 294-301. |
|