36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg; Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg; 1895-2001 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg
Dat. - Findbuch:1895 - 2001 (1952 - 2001)
Vorwort:Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg/
Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II)

Behördengeschichte:

Die Reichsfinanzverwaltung wurde gemäß dem Gesetz über die Reichsfinanzverwaltung vom 10. September 1919 (RGBl 1919, S. 1591) zum
1.Oktober 1919 errichtet.


Es entstand folgender dreistufiger Behördenaufbau:

Reichsminister der Finanzen; Landesfinanzämter/OFP (Mittelbehörde); Finanzämter, Hauptzollämter und deren Unterstellen (örtliche Behörden).

Für die Region Berlin/Brandenburg wurde das Landesfinanzamt Brandenburg-Berlin mit Sitz in Berlin zuständig. Im Ergebnis des Ausscheidens von Berlin aus dem Gemeindeverband und der Errichtung von „Groß-Berlin“ im Jahre 1920 entstanden für Berlin und Brandenburg auch zwei separate Landesfinanzämter.

Für die Landesfinanzämter wurde zum 1. April 1937 die Behördenbezeichnung Oberfinanzpräsident eingeführt (RGBl 1937 I, S. 311; RFBl 1937 S. 32).

Mit Wirkung vom 16.2.1942 erfolgte die Zusammenlegung der Oberfinanzbezirke Berlin und Brandenburg zu einem Oberfinanzbezirk Berlin-Brandenburg (RFBl 1942, S. 42). Der Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg war zuständig für Berlin und die Provinz Brandenburg.

Mit Stand Ende 1942 gliederte sich der Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg in folgende Abteilungen:

1. Abteilung Personal und Verwaltung,
2. Abteilung Steuer,
3. Abteilung Zoll,
4. Abteilung für die Bearbeitung von Anfechtungssachen auf dem Gebiet der Besitz- und Verkehrssteuern (früher Finanzgerichte),
5. Devisenstelle.

Im Kontext der nationalsozialistischen Judenverfolgung spielte der Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg eine besondere Rolle. Als Finanzbehörde beschäftigte er sich zu einem Teil auch mit der Beaufsichtigung des allgemeinen Devisenverkehrs. Hierfür war die 1931 bei den Landesfinanzämtern errichtete „Devisenstelle“ zuständig. Angesichts der unmittelbar nach der Machtergreifung durch das NS-Regime einsetzenden Fluchtbestrebungen und den damit zusammenhängenden bürokratischen Antragsverfahren im Sachgebiet 41 „Auswanderung“ konnten Betroffene systematisch beobachtet und in Einzelfallakten erfasst werden.

Im Jahr 1942 wurde als Dienststelle die so genannte „Vermögensverwertungsstelle“ errichtet, deren Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit den einsetzenden Deportationen jüdischer Bürger stand. Organisatorisch war dieser Strukturteil der Abteilung Personal und Verwaltung zugeordnet. Bereits mit „Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Verwertung des eingezogenen Vermögens von Reichsfeinden vom 29. Mai 1941" (RGBl. 1941 I S. 303) wurde den lokalen Oberfinanzpräsidenten die Hoheit über die Einziehung von Vermögen zugunsten des Reichs übertragen. Ein Schnellbrief des Reichsministers der Finanzen, vom 04.11.1941, auch als Deportationserlass bezeichnet, schrieb dieses Verfahren fest. Ergänzend wurde darin festgelegt, dass die im Schnellbrief benannten Oberfinanzpräsidenten eine eigene Dienststelle einrichten oder sich bereits vorhandener bedienen sollten, um die Vorgänge zu bearbeiten. In Berlin nahm die eigens dafür eingerichtete Vermögensverwertungsstelle des OFP Berlin ihre Tätigkeit zum 01.01.1942 auf. Sie war für die Erfassung, Verwaltung und Veräußerung des Vermögens von Juden und Jüdinnen, Sinti*zze und Rom*nia, sowie weitere verfolgte Personengruppen und politische Gegner des NS-Regimes mit letzter Meldeadresse in Berlin/Brandenburg zuständig. Die Vermögensverwertungsstelle führte Akten zu Einzelpersonen, Nachlässen und Körperschaften, für die jeweils Einzelfallakten angelegt wurden. Zusätzlich wurden Sammel–Akten für bestimmte Personengruppen, wie KZ-Häftlinge oder Osteuropäische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen geführt. Eine weitere Aktengruppe bilden die Unterlagen, die bei der Auflösung und Einziehung des Vermögens der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland entstanden. Registraturmäßig wurden alle beim Finanzamt Moabit-West und bei der Vermögensverwertungsstelle angefallenen Vorgänge in einer Kartei erfasst.

Die im Bestand Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg überlieferten Unterlagen betreffen fast ausschließlich Personen, die in der Region Berlin/Brandenburg ihren letzten Wohnort hatten. Hinweise zu Personen, die außerhalb dieser Region lebten, sind die Ausnahme.

Die Tätigkeit des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg endete im Mai 1945 mit der Zerschlagung der NS-Diktatur. Der OFP Berlin-Brandenburg wurde von der dem Magistrat von Groß Berlin unterstehenden Oberfinanzdirektion abgewickelt.


Bestandsgeschichte:

Die im BLHA verwahrte Überlieferung des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg weist deutliche Lücken auf. Die Ursachen hierfür sind nur in geringem Maße nachvollziehbar.

Im Einzelnen sind überliefert:
- 20.000 Akten aus dem Bereich der Devisenstelle Berlin und der Devisenstelle beim OFP Brandenburg bis 1942, überwiegend Einzelfallakten (Personen, einzelne Firmen)
- 42.000 personenbezogene Einzelfallakten aus dem Bereich der „Vermögensverwertungsstelle“
- 150.000 Originalkarteikarten aus dem Bereich der “Vermögensverwertungsstelle“
- 1.500 Akten der Abteilung Personal und Verwaltung und der Abteilung Steuern aus dem Zuständigkeitsbereich des OFP Brandenburg
- Listen von 179 Deportationstransporten aus Berlin aus dem Bereich der „Vermögensverwertungsstelle“ (Kopien, die Originale befinden sich im Archiv des ITS in Bad Arolsen; z.T. Fragmente)
- Personalakten
- Vermögensübersichten zu den bei der Behörde kassierten Akten
- Akten zum Verkauf jüdischer Friedhöfe an Stadtgemeinden
- Kassenanweisungen an die Oberfinanzkasse
- Einziehungsverfügungen
- Registraturhilfsmittel

Die Überlieferung des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg aus dem Bereich der „Vermögensverwertungsstelle“ wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit getrennt. Kriterium hierfür war der sogenannte „letzte inländische Wohnsitz“ der Betroffenen. Die hierbei die Provinz Brandenburg betreffenden Akten sind gesondert im Bestand Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg unter 4. Vermögensverwertungsstelle (nach 1945 abgegebene Akten verfolgter Juden aus der Provinz Brandenburg) zu finden. Ein Teil der nach Brandenburg abgegebenen Akten wurde im Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg weitergeführt. Diese Akten befinden sich im Bestand Rep. 204A Ministerium der Finanzen unter 4.14 Jüdisches Vermögen.

Der Teilbestand Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) wurde 2001 im Rahmen einer Bestandsabgrenzung aus dem Landesarchiv Berlin (dort: A Rep. 092 Oberfinanzpräsident Berlin) in das BLHA übernommen. Im Zuge der Bestandsabgrenzung wurden die Personenakten in der Archivdatenbank Augias-Express verzeichnet und mikroverfilmt. Eine Kopie der Filme befindet sich heute in Yad Vashem. Im Rahmen des seit 2019 laufenden „OFP-Projekt – Provenienzforschung an Akten des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg“ wurden die Erschließungsangaben zu den Personenakten in die Scope-Archiv-Datenbank übertragen, überarbeitet und standardisiert. Erfasst und selbständig recherchierbar sind:

- Familienname, Geburtsname, Vorname und Geburtsdaten der Hauptperson der Akte
- Die letzten bekannten Wohnadressen der Hauptperson
- Namen von Familienmitgliedern und weiterer vorgangsrelevanten verfolgten Personen
- Firmen (durch vorangestelltes „Fa.“) mit Bezug zur Hauptperson
- Laufzeit der Akte
- Aktenzeichen beim OFP Berlin-Brandenburg


Die ebenfalls mit der Bestandsabgrenzung an das BLHA übergebene Kartei ist bisher nicht erschlossen und online recherchierbar, liegt aber zur freien Ansicht als Mikrofichekopie im Lesesaal aus. In der Kartei finden sich Hinweise auf Akten, die an andere Oberfinanzpräsidenten abgegeben wurden und Verweise auf Akten, bei denen nur noch die Vermögensverzeichnisse vorhanden sind. Sie ist ein wichtiges ergänzendes Findhilfsmittel zur Onlinerecherche.

Unterlagen der dem OFP Berlin-Brandenburg zugeordneten „Außenstelle für feindliches Vermögen“ werden unter der Signatur R 2107 Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg, Außenstelle für feindliches Vermögen im Bundesarchiv verwahrt.

Die Akten der Ausbürgerungsabteilung beim Finanzamt Moabit-West mit reichsweiter Zuständigkeit liegen unter der Signatur A Rep. 093-03 Finanzamt Moabit-West im Landesarchiv Berlin vor. Neben den ca. 4.500 Einzelfallakten finden sich dort auch Sach-, Hand-und Generalakten die Vermögensverwertungsstelle betreffend. Diese beziehen sich vor allem auf den Dienstbetrieb und die Organisation und beinhalten auch Registraturmittel. Das Landesarchiv Berlin verwahrt außerdem Akten des Landesfinanzamtes bzw. Oberfinanzpräsidenten Berlin im Bestand A Rep. 092 Landesfinanzamt/Oberfinanzpräsident Berlin, vor allem Unterlagen aus den Abteilungen "Organisation und Verwaltung", "Steuern" und "Zölle". Darunter befinden sich auch Akten mit Erlassen und Verfügungen zur Devisenbewirtschaftung.

Darüber hinaus sind 383 AE im Fond 1461 im Sonderarchiv (seit 1992: Zentrum für die Aufbewahrung historisch dokumentarischer Sammlungen) in Moskau überliefert. Dieser Teilbestand enthält Unterlagen aus dem Bereich der Devisenstelle.

Benutzungshinweise:

Beachten Sie bitte, dass noch nicht alle Archivalien des Bestandes online recherchierbar sind. Im Einzelfall wenden Sie sich mit einer Anfrage an das BLHA.

Aufgrund umfangreicher Restaurierungs- und Digitalisierungsarbeiten ist die Benutzung des Teilbestandes Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) derzeit eingeschränkt. Hintergrundinformationen zum „OFP-Projekt – Provenienzforschung an Akten des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg“ finden Sie auf unserer Website. Mit Stand vom 15.01.2024 ist die Bearbeitung der Akten Nr. 1 bis 33943 vollständig abgeschlossen. Darüber hinaus stehen alle in der Klassifikation unter 3.1 geführten personenbezogenen Einzelfallakten der "Vermögensverwertungsstelle" des Teilbestandes als digitale Kopie zur Verfügung.

Angaben zum Umfang

Umfang:ca. 400 lfm.

Angaben zur Benutzung

Zitierweise:Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg Nr. ...

Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. ...

Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Originalkartei, Name/Vorname
Veröffentlichungen:Martin Friedenberger, Fiskalische Ausplünderung. Die Berliner Steuer-und Finanzverwaltung und die jüdische Bevölkerung 1933–1945, Berlin 2008. - Christiane Kuller, Bürokratie und Verbrechen. Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland. (Das Reichsfinanzministerium im Nationalsozialismus, Bd. 1) München 2013. - Josephine Ulbricht, Das Vermögen der "Reichsfeinde": Staatliche Finanzverwaltung und Gegnerverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland. (Das Reichsfinanzministerium im Nationalsozialismus, Bd. 6), Berlin/Boston 2022.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Eingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1663781
 
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