9B Johanniterorden; Rep. 9B Johanniterorden Ballei Brandenburg (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 9B Johanniterorden Ballei Brandenburg
Vorwort:Ordensgeschichte

Der Johanniterorden hatte seine Anfänge als geistlicher Hospitalorden im 11. Jahrhundert mit der Gründung des Johannis-Hospitals in Jerusalem. Seine Aufgabe war zunächst die Pflege und Betreuung kranker Pilger und Kreuzfahrer. Zu Beginn des 12. Jh. kamen zu der humanitären Zielstellung die Verteidigung der Stadt Jerusalem gegen räuberische Überfälle und der Schutz der Kreuzfahrer hinzu. Mit dieser doppelten Aufgabenstellung war die Umwandlung in einen geistlichen Ritterorden vollzogen. Der Johanniterorden hatte einen starken Zulauf aus vielen Ländern Europas und konnte, unterstützt durch große Schenkungen an Geld und Landbesitz, seine Wirkung auf Kleinasien und nach Europa ausdehnen. Unter seinem Oberhaupt, dem Großmeister, war er in acht Zungen oder Nationen gegliedert. Die Zungen waren: Provence, Auvergne, Frankreich, Italien, Aragonien mit Katalonien bzw. Navarra, Kastilien mit Portugal, Deutschland und England. Oberhaupt einer jeden Zunge war der gewählte Prior oder Vorsteher, die zusammen den Geheimen Rat des Großmeisters bildeten. Oberhaupt der deutschen Zunge war der Großprior oder Ordens-Bailli. Er war im Rahmen der Gesamtaufgaben des Ordens für die Aufsicht über die Festungswerke Jerusalems zuständig. Ihm unterstanden die Ordensprovinzen oder Priorate sowie die gleichrangigen Balleien in Böhmen, Mähren, Osterreich, Schlesien, Ungarn, Dänemark, Schweden und im deutschen Königreich. Diese wiederum waren in Kommenden, die von Kommendatoren verwaltet wurden, gegliedert.

Im nordostdeutschen Raum entwickelte sich die Ballei Brandenburg als bedeutendes Einflußgebiet des Johanniterordens. Im Jahr 1160 schenkte Markgraf Albrecht der Bär dem Orden die Kirche in Werben (Elbe). Damit betrat der Orden erstmals brandenburgisches Gebiet. Während er seinen Besitz in der Mark zunächst nicht erweitern konnte, entstanden umfangreiche Besitzungen in Mecklenburg (1200 Eixen, 1217 Sülstorf, 1227 Mirow, 1298 Nemerow) und Pommern (1198 Stargard).

Einen tiefen Einschnitt sowohl im Besitzstand als auch in der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung des Johanniterordens bildete die Aufhebung des Templerordens im Jahr 1312 durch Papst Clemens V. auf dem Konzil von Vienne und die Übertragung seiner Güter auf den Johanniterorden. Die Übergabe wurde von den jeweiligen Landesherren, die zwischenzeitlich die Güter verwalteten, immer wieder verzögert. 1318 sicherte Markgraf Woldemar von Brandenburg dem Orden im Vergleich von Kremmen die Einsetzung in die Templergüter gegen die Zahlung von 1250 Mark Silber zu, wofür die Stadt Zielenzig verpfändet wurde. Trotzdem dauerte es noch Jahrzehnte, bis die Johanniter endgültig in den Besitz der Kommenden des Templerordens kamen. Dieser Prozeß wurde mit der Übernahme der Kommenden Lietzen, Zielenzig (zunächst 1322, endgültig 1350), Tempelburg (1345), Großdorf (1347), Quartschen und Tempelhof (1350) abgeschlossen.

Nach dem Anfall der Templerkommenden bildete sich für die Ordensbesitzungen in Brandenburg, Mecklenburg, Pommern und Sachsen die Ballei Brandenburg als Verwaltungsbezirk innerhalb der deutschen Zunge des Johanniterordens heraus. Zum Oberhaupt der Ballei wurde der Herrenmeister vom Ordenskapitel gewählt. Die Funktionen dieses Amtes hatte bis dahin der Kommendator von Werben oder Komtur, wie vielfach in der Überlieferung bezeichnet, für die vorhandenen Kommenden bzw. Komtureien ausgeübt. Neben dem Herrenmeister stand das Ordenskapitel, bestehend aus zehn Kommendatoren, deren ältester zugleich der Ordens-Senior, der Stellvertreter des Herrenmeisters, war.

Im Laufe des 14. Jh. entstanden durch die Politik der Herrenmeister gegenüber den brandenburgischen Markgrafen Schwierigkeiten im Verhältnis zum Großmeister des Ordens. Im Laufe der Jahrzehnte war der Johanniterorden in finanzielle Schwierigkeiten geraten und hatte 1370 die pommerellischen Besitzungen an den Deutschen Orden verkauft. Ein ähnliches Schicksal drohte den übrigen nordostdeutschen Besitzungen.

Die daraus resultierenden Spannungen wurden durch den Vergleich von Heimbach 1382 zwischen Conrad von Braunsberg, Großmeister des Johanniterordens in deutschen Landen, und Bernhard von der Schulenburg, Herrenmeister der Ballei Brandenburg, beendet. Den nordostdeutschen Kommenden wurde das Recht der Herrenmeisterwahl sowie der vorhandene Besitzstand und die rechtliche Selbständigkeit der Ballei Brandenburg zugestanden. Damit war die Ballei faktisch autonom im Gesamtorden gegenüber dem Großprior.

Seit dem Vergleich von Kremmen 1318 bestand eine Zusammenarbeit der Johanniter mit den brandenburgischen Landesherren vorwiegend finanzieller Art, aber auch eine Abhängigkeit der Ballei vom Landesherrn, die sich zum Patronatsrecht entwickelte. Dabei sicherten sich die Markgrafen für den Kriegsfall das Öffnungsrecht an den Schlössern. Deutlich wurde die rechtliche Stellung der Ballei gegenüber den Landesherren durch die Weisung Kaiser Sigismund als Markgraf von Brandenburg, beim Übergang der Mark Brandenburg im Jahr 1415 an den Burggrafen von Nürnberg diesem als neuem Markgrafen zu huldigen. Zunächst wirkte sich das Patronatsrecht in der Einflußnahme der Kurfürsten auf die Nachfolgeregelung der Herrenmeister aus. Diese waren seit dem 15. Jh. auch in kurfürstlichen Diensten tätig. Mitte des 16. Jh. wurde der Einfluß des Landesherren auf die Herrenmeisterwahl insbesondere durch die Tatsache dokumentiert, daß mit dem Grafen Martin von Hohenstein ein enger Vertrauter des Kurfürsten gewählt wurde, der bis dahin dem Orden nicht angehört hatte. Nach seinem Tode 1609 traten nacheinander die nachgeborenen Söhne der Hohenzollerndynastie, die aufgrund der vertraglich festgelegten Unteilbarkeit der Marken keine Herrschaft erlangen konnten, die Nachfolge an. Seitdem verblieb bis auf wenige Ausnahmen die Herrenmeisterwürde bei der landesherrlichen Dynastie. Durch Ankäufe und Schenkungen wurde die Ballei seit dem Mittelalter ständig erweitert. 1325 wurde Wietersheim b. Minden/Westfalen erworben, 1350 kamen Lagow/Neumark und 1360 Gartow (Elbe) hinzu. Im Jahr 1426 wurde Sonnenburg mit Stadt und Schloß Johanniterbesitz, es wurde Sitz des Herrenmeisters und später der Ordensregierung. Es folgten 1431 Rampitz, 1466 Grüneberg, 1512 Schenkendorf/NL und 1518 Friedland/NL. Bis auf wenige bezeichnete Ausnahmen lagen diese Besitzungen in der Neumark, womit der Schwerpunkt der Ballei in diesem Teil Brandenburgs angesiedelt war. Die Vergabe neuer Besitzungen erfolgte innerhalb der Ballei bis ins 15. Jh. als Kommenden. Dann trat in dieser Beziehung eine Veränderung ein. Die neuerworbenen Besitzungen wurden nicht mehr ausschließlich als Kommenden verliehen, sondern sie wurden als Tafel- oder Kammergüter in unmittelbar der Verfügung des Herrenmeisters unterstehende Grundherrschaften verwandelt. Das betraf Kollin, Friedland, Grüneberg, Rampitz, Schenkendorf und Sonnenburg.

Die Reformation brachte den Johanniterorden in die Gefahr der Säkularisation, der er durch den Übertritt der meisten Mitglieder zum Protestantismus entging. Die Ballei bestand seitdem weiter als Zusammenschluß evangelischer Ordensritter unter dem Patronat des Landesfürsten. Sie umfaßte im 16. Jh. die Kommenden bzw. Komtureien Lagow, Lietzen (bis 1556), Quartschen (bis 1540), Schivelbein (ab 1540), Süpplingenburg, Wietersheim, Werben und Zachan/Pommem (bis 1545). Die Beilegung von Differenzen zwischen dem Herrenmeister und dem Markgrafen führte zu Veränderungen im Besitzstand und auch in der Verwaltung der Ballei. Der Herrenmeister stimmte in den entsprechenden Verhandlungen der Abtretung der Kommende Quartschen im Tausch gegen die Kommende Schivelbein zu. Die Kommenden Zachan in Pommern und Lietzen wurden verkauft.
Durch Kapitelbeschluß machte der Orden im Jahr 1544 den Markgrafen Johann von Küstrin zum Protektor über seine Besitzungen. Der Markgraf übernahm die Vertretung der Ballei Brandenburg beim Reich und beim Großprior. Gleichzeitig erhielt er das Recht der Präsentation und Nomination des Herrenmeisters. Diese Rechte gingen nach seinem erbenlosen Tod und der Wiedervereinigung der Neumark mit der Kurmark auf den regierenden Kurfürsten über.

Die weitere Entwicklung des Johanniterordens ist die einer Versorgungseinrichtung für nachgeborene Söhne des Adels und der Hohenzollerndynastie. Die Ordensgüter wurden als Pfründen an einzelne Ritter verliehen. Dafür waren geringe jährliche Abgaben (Responsien) an den Herrenmeister zu zahlen. Die der Versorgung des Herrenmeisters dienenden Tafelgüter wurden zu den Ordensämtern Kollin/Pommern, Friedland, Grüneberg, Rampitz, Schenkendorf und Sonnenburg zusammengefaßt. Daneben fungierte der Johanniterorden bei der Vergabe einzelner Besitzungen als Lehnsherr.
Die außerhalb Brandenburgs gelegenen Besitzungen gingen im 17./18. Jh. bis auf wenige Reste verloren. Im Westfälischen Frieden von 1648 fielen die Kommenden Mirow und Nemerow an die Mecklenburgischen Herzöge, Wildenbruch an Schweden. Letztere wurde 1679 wieder an Brandenburg-Preußen zurückgegeben und in ein Amt umgewandelt.

1805 bestand die Ballei aus den acht Kommenden bzw. Komtureien Burschen, Gorgast, Lagow, Lietzen, Schivelbein, Süpplingenburg, Werben und Wietersheim sowie den Ordensämtern Friedland, Grüneberg, Kriescht, Rampitz, Schenkendorf und Sonnenburg. 1810/11 erfolgte die Säkularisation der Güter der Ballei Brandenburg zu Gunsten des preußischen Staates, nachdem bereits 1809 die Kommenden Süpplingenburg und Werben vom Königreich Westfalen eingezogen worden waren. Die Ordensämter Friedland und Schenkendorf in der Niederlausitz wurden von Sachsen besetzt, gingen jedoch 1815 an Preußen über. Die meisten Kommmenden und Ordensämter wurden in königliche Ämter verwandelt.

Die innere Verwaltung des Ordens wurde seit dem 16. Jh. durch den Kanzler besorgt, um den sich die Ordensregierung bildete. Ihre Hauptaufgaben bestanden einerseits in Hoheits-, Jurisdiktions-, Lehns-, Grenz-, Kirchen- und Schulsachen, andererseits in Ökonomie- und Haushaltungssachen. Im 17. Jh. begann innerhalb der Ordensregierung die Herausbildung des Kammermeisteramtes für die Verwaltung der Ordensämter und der Wirtschaftsangelegenheiten. Durch Zuordnung eines Kammerschreibers entwickelte sich die Kammer, die in loser Abhängigkeit von der Regierung blieb. Seit dem Ende des 17. Jh., nach dem Eingehen der Kammer, verwaltete die Regierung erneut die Wirtschaftssachen.

Nach 1750 wurde für die Bearbeitung der Ökonomiesachen abermals eine eigene Kammer eingerichtet, die 1773 mit der Domänenkammer des Prinzen Ferdinand von Preußen, der seit 1762 Herrenmeister war, zusammengelegt wurde. Sie bestand aus dem Kammerdirektor, der gleichzeitig Mitglied der Ordensregierung war, und drei Kammerräten und war für Kammer-, Rentei-, Pacht-, Bau-, Forst- und Polizeisachen zuständig. Sitz der Oberbehörden war seit 1738 Berlin.

In der zweiten Hälfte des 18. Jh. spaltete sich von der Regierung das Ordenskirchenkollegium, später -direktorium, für die Verwaltung der Kirchen- und Schulsachen ab. 1803 wurde die Verwaltung der Kommenden den Kommendatoren abgenommen und einem Komitee zur Verwaltung der Kommenden übergeben. Nach der Auflösung der Ballei übernahm 1811 die Domänenkammer des Prinzen Ferdinand (Königliche Domänenkammer Berlin) unter Aufsicht des Finanzministeriums die Abwicklung und vorläufige Verwaltung des Ordensbesitzes. 1815 wurde diese Aufgabe auf die Regierung zu Frankfurt (Oder) übertragen.

Bestandsgeschichte
Das Ordensarchiv ist in Sonnenburg erstmals 1633 mit einem aktenkundigen Bericht über einen Einbruchdiebstahl nachweisbar, wobei keine Archivalien, sondern Silber und andere Gegenstände entwendet wurden. Das älteste erhaltene Archivverzeichnis stammt von 1675. Ihm ist zu entnehmen, daß das Archiv schon sehr viel länger bestand. In den Jahren 1694 bis 1710 wurde es geordnet. Nach der Aufhebung des Johanniterordens gelangten die Urkunden 1811 und der Hauptteil der Akten 1815 an das Preußische Geheime Staatsarchiv, während die laufenden Akten von der Regierung Frankfurt (Oder) übernommen wurden. Die Akten der Kommenden Süpplingenburg und Werben wurden 1811 an das Königreich Westfalen abgegeben, das diese Besitzungen 1809 übernommen hatte. Im Laufe des 19. Jh. erfolgten Aktenabgaben durch die Regierung Frankfurt (Oder) an das Geheime Staatsarchiv. Der gesamte Bestand wurde damals unter Rep. 9 geordnet und verzeichnet und war damit der Benutzung zugänglich. Während des zweiten Weltkrieges erfolgte die Auslagerung aus Berlin bis auf einen geringen Rest.
Im Jahr 1950 gelangte der Aktenbestand in das Brandenburgische Landeshauptarchiv. Hier wurde in den Jahren 1958 bis 1961 die Neuordnung und Verzeichnung sowie die Gliederung nach den Ordensbehörden vorgenommen. Aus dem Bestand Rep. 40 B Neumärkisches Konsistorium wurden die Akten des Ordenskirchendirektoriums ausgegliedert und in den Johanniterordensbestand eingeordnet. 1963 kamen die bis dahin im Landeshauptarchiv Magdeburg lagernden Akten der Ordensregierung, soweit sie Süpplingenburg und Werben betrafen, hinzu. Im gleichen Jahr wurde der umfangreiche und wertvolle Urkundenbestand im Rahmen einer Beständeabgrenzung aus den damals in Merseburg lagernden Beständen des GStA (Deutsches Zentralarchiv, Abt. Merseburg) übernommen. Bei dieser Gelegenheit wurden die Urkunden des Templerordens herausgelöst und als eigener Bestand unter der Signatur Rep. 9A aufgestellt. Der Urkundenbestand des Johanniterordens wurde provenienzgemäß mit dem Aktenbestand unter der Signatur Rep. 9 B vereinigt. Ahnentafeln und 3 Urkunden von 1312, 1382 und 1426 aus dem Ordensarchiv liegen heute im Geheimen Staatsarchiv. Im Polnischen Staatsarchiv Zielona Göra (Grünberg) werden Akten des Johanniterordens nach seiner Wiederbegründung durch König Friedrich Wilhelm IV. als Preußischer St. Johanniterorden aus der Zeit 1853 bis 1942 aufbewahrt.

Literatur

P. van Nießen, Die Johanniterordensballei Sonnenburg und Markgraf Johann von Brandenburg. Schriften des Vereins für die Geschichte der Neumark, H. 29/30. Landsberg 1913. - E. Opgenoorth, Die Ballei Brandenburg des Johanniterordens im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation. Beihefte zum Jahrbuch der Albertus-Universität Königsberg/Pr. XXIV. Würzburg 1963. - J. von Pflugk-Hartung, Die Anfänge des Johanniterordens in Deutschland, besonders in der Mark Brandenburg und Mecklenburg, Berlin 1899. - H. Prutz, Die geistlichen Ritterorden. Ihre Stellung zur kirchlichen, politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Mittelalters. Berlin 1908. - A. v. Winterfeld, Geschichte des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. Mit besonderer Berücksichtigung der Ballei Brandenburg oder des Herrenmeistertums Sonnenburg, Berlin 1859.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1697264
 
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