75 OWR; Rep. 75 Optische Werke Rathenow; 1907-1946 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 75 Optische Werke Rathenow
Dat. - Findbuch:1907 - 1946
Vorwort:Firmengeschichte

In Rathenow entstand als erster optischer Industriebetrieb Deutschlands die Rathenower optische Industrie-Anstalt, deren Gründer Johann Heinrich August Duncker (1767 - 1843) war. Damit war die Grundlage für die Entwicklung der optischen Industrie in Deutschland geschaffen.
Bereits Ende der 80ger Jahre des 18. Jahrhunderts hatte sich J. H. A. Duncker mit der Herstellung von Mikroskopen befaßt. Er war der erste in Deutschland, der durch Inbetriebnahme einer von ihm selbst konstruierten Vielschleifmaschine von der reinen Handarbeit zur fabrikmäßigen Herstellung von Brillengläsern überging. Ab 1820 übernahm sein Sohn, Eduard Duncker die Geschäfte und verlegte die optische Industrie-Anstalt 1843 in die Gebäude der späteren Firma Emil Busch.
1845 übergab Eduard Duncker die Leitung des Rathenower Betriebes an seine Neffen, Emil Busch.
Als Großunternehmen der Rathenower Optik hatten sich besonders zwei Firmen herausgebildet, die Emil Busch Aktiengesellschaft Optische Industrie und die Nitsche & Günther Optische Werke Kommanditgesellschaft. Sowohl Busch als auch Nitsche & Günther unterhielten zur Durchsetzung ihrer Geschäftsinteressen einzelne Vertretungen in vielen Ländern der Welt. Obwohl beide Firmen sich in ihrem Fabrikationsprogramm ergänzten, stellte die Firma Emil Busch vorrangig die feinmechanische Optik her. Das waren zunächst die Fertigung von Brillengläsern, dann auch von Brillenfassungen und Lupen.
Die Bemühungen Emil Buschs seit der Übernahme der Direktion der Rathenower optischen Industrie-Anstalt im Jahre 1845 um eine Modernisierung und Erweiterung des Betriebes, spiegelten sich in vielfältigen Maßnahmen wider. Von großer Bedeutung war in diesem Zusammenhang der Einsatz der Dampfmaschine als Antriebskraft. Desweiteren wurde die Produktion von optischen Instrumenten, z. B. von achromatischen Linsen und Fernrohren, Mikroskopen sowie Feldstechern und Theatergläsern erhöht. Auch auf dem Gebiet der Foto-Optik (Produktion fotografischer Objektive) erzielte die Firma bedeutende Erfolge.
Für den raschen Aufschwung des Betriebes waren jedoch noch weitere Gründe von maßgeblicher Bedeutung. Ab 1850 gewann Rathenow als Militärstadt an Bedeutung, 1863 waren fast 10 % der Einwohner Rathenows Militärpersonen.
Emil Busch paßte sich diesen neuen Bedingungen durch ein auf die Bedürfnisse des Heeres abgestimmtes Sortimentsangebot rasch an (Produktion von Zielfernrohren mit Prismensystem, Ausrüstung der Armee mit Feldstechern). Im Jahre 1872 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Bis zu Beginn des 2. Weltkrieges kam es zu einer enormen Steigerung der Produktion von opthalmologischen Geräten, darunter der konkurrenzlose Taschenspiegel nach Thornow und das weltbekannte Kameramikroskop "Metaphot". Auch Spezialgeräte wie z. B. Erdfeldmesser, Meßgeräte nach Lichtschnittverfahren sicherten einen steigenden Export der Firma Emil Buch AG.
Neben den genannten Neuerungen wurde unter Leitung von Emil Busch im Rathenower optischen Betrieb ein bedeutender Beitrag in der Herstellung von Brillen geleistet. Die verstärkte Konzentration der Produktion trug dazu bei, dass sich die Emil Busch AG zu einem der am weitesten entwickelten Betrieb der optischen Industrie in Deutschland profilieren konnte.
Das Werk Nitsche & Günther wurde 1866 als Großunternehmen gegründet. Später wurde es mit der Brillenglasschleiferei Gebrüder Picht & Co zur Altstädtischen optischen Industrie-Anstalt zusammengeschlossen. Anfänglich erhielt das Werk Nitsche & Günther noch von den zahlreichen bis 1866 gegründeten optischen Werkstätten Fassungen für Brillen und Gläser. Im Zuge der weiteren Entwicklung übernahm Nitsche & Günther eine große Anzahl dieser Betriebe. Damit begann die selbständige Fertigung von Brillenfassungen. Ab 1924 wurden auch Optiker- und Spezialmaschinen hergestellt. Nach dem 1. Weltkrieg erfolgte die Firmierung unter Nitsche & Günther Optische Werke. 1922 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und Mitte der 30iger Jahre eine Kommanditgesellschaft. Die Herstellung von Brillenfassungen und Brillengläsern sowie optische Spezialmaschinen wurde während dieser Zeit großzügig vorangetrieben. Die Firma Nitsche & Günther entwickelte sich zu einer der größten optischen Produktionsstätten in Europa.
Neben diesen beiden großen optischen Firmen gab es in Rathenow noch eine Anzahl kleinerer und mittlerer optischer Betriebe. Zu ihnen gehörte die Firma Friedrich Müller & Söhne, die sich vorrangig mit der Herstellung von Brillenfassungen beschäftigte; die seit 1924 gegründete Firma Rathenower Brillen-Industrie Alpira, die v. a. die Fabrikation von Brillenfassungen aller Art, besonders mit Goldduble, Nickel und Zelluloid betrieb und die speziell nur Horn-, Zelluloid- und Schildplattfabrikation betreibende optischen Firmen Willy Köppen und Umlauf & Mehlen.
Die heimische optische Industrie beeinflußte den Handel und das Gewerbe der Stadt Rathenow im starken Maße. So wurden 18 unmittelbar mit der optischen Industrie zusammenhängende Handelsunternehmen betrieben. Die Firmen Genrich & Söhne, Hermann Röding, Ludwig Mertens und andere konzentrierten sich beispielsweise größtenteils auf die Etuifabrikation.
Mit Beginn der faschistischen Diktatur in Deutschland wurden große Teile der Produktionskapazitäten in den optischen Betrieben Rathenows für die Herstellung von optischen Kriegs- und Rüstungsgeräten genutzt. Vor allem ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene wurden verstärkt für die Kriegs- und Rüstungsproduktion eingesetzt. Maßgeblichen Anteil bei der organisatorischen Durchsetzung hatten hier die Wirtschaftsgruppe Feinmechanik und Optik sowie faschistische Organisationen.
Nach Beendigung des 2. Weltkrieges waren große Teile der Stadt Rathenow und der optischen Industrie zerstört. Die antifaschistisch-demokratische Stadtverwaltung Rathenow rief deshalb zum Wiederaufbau auf dem Gelände der Firma Nitsche & Günther auf.
Um die Rathenower optische Industrie schnellstmöglich arbeitsfähig zu machen, wurde 1946 ein stadteigener Betrieb mit der Bezeichnung "Rathenower Optische Werke mbH" sowie auf dem ehemaligen Busch-Komplex eine optische Ein- und Verkaufsgesellschaft mbH gegründet. Die kleinen und mittleren Betriebe wurden entweder in die stadteigenen optischen Betriebe eingegliedert oder als Ausbildungsstätten für künftige Fachkräfte der optischen Industrie genutzt.

Bestandsgeschichte

1974 gelangten die Akten vom Betriebsarchiv des VEB Rathenower Optische Werke in Rathenow mit einem dazugehörigen Ablieferungsverzeichnis in das Staatsarchiv Potsdam. Die übernommenen Akten, die das Schriftgut verschiedener optischer Firmen aus Rathenow enthielten, wurden unter der einheitlichen Bestandsbezeichnung "Rep. 75 Optsiche Werke Rathenow" im Staatsarchiv zusammengefaßt. Dazu gehörten:
1. Rathenower Brillen-Industrie ALPIRA
2. Firma Emil Busch AG Optische Industrie Rathenow
3. Firma Otto Genrich, Optische Fabrik Rathenow
4. Firma Willy Köppen, Optische Fabrik Rathenow
5. Firma Friedrich Müller & Söhne, Fabrik optischer Waren, Rathenow
6. Firma Nitsche & Günther, Optische Werke KG, Rathenow
7. Firma R. Reiss, Rathenow
8. Firma Arthur Schramm, Otische Werke Rathenow
9. Firma Steffin & Bildt, Rathenow

Der Bestand wurde bewertet, erweitert verzeichnet und geordnet. Nach Beendigung der Verzeichnungsarbeiten erfolgte in enger Anlehnung an die noch erkennbare Verwaltungsstruktur die Erarbeitung eines Ordnungsschemata, dass nach der Dezimalklassifikation aufgebaut ist und im Höchstfall vier Gliederungsstufen umfaßt.

Angaben zum Umfang

Umfang:6,24 lfm; 148 Akte(n)

Angaben zur Benutzung

Zitierweise:BLHA, Rep. 75 Optische Werke Rathenow Nr.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=52097
 
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