75 Eintracht; Rep. 75 Eintracht Braunkohlenwerke AG, Welzow (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 75 Eintracht Braunkohlenwerke AG, Welzow
Vorwort:Firmengeschichte

Die am 21. Dezember 1881 gegründete Gewerkschaft „Eintracht I“ bildete die Keimzelle des Unternehmens. Die mit dem verliehenen Bergwerk Gustav Ferdinand bei Bennstedt im Mansfelder Seekreis verbundene Gewerkschaft erwarb im Anschluss an ihre Gründung die zu den Joseph Werminghoff‘schen Braunkohlenwerke gehörende Grube Louise bei Domsdorf (Kr. Liebenwerda), um diese Grube zu betreiben und mit einer Brikettfabrik zu erweitern. Mit Erwerbungen in den Folgejahren nahm der Umfang der Geschäfte schnell zu, auch der Schwerpunkt des Unternehmens verlagerte sich in das Lausitzer Revier. 1883 wurde die Grube Emilie bei Hennersdorf (Kr. Luckau) erworben. 1885 folgte der Ankauf der Grube Alwine bei Tröbitz (Kr. Luckau), die mit einer Drahtseilbahn an die Brikettfabrik der Grube Louise angebunden und mit ihr gemeinsam betrieben wurde. Schließlich erfolgte 1886 der Ankauf der Grube Henriette bei Sallgast-Poley (Kr. Luckau). Um die finanzielle Grundlage für den Ausbau der Gruben zu schaffen, wurde auf Initiative von Joseph Werminghoff, des vormaligen Besitzers der Gruben Louise und Emilie, mit Wirkung vom 1. Jan. 1887 die Gewerkschaft „Eintracht I“ in die Aktiengesellschaft „Eintracht Braunkohlenwerke und Briketfabriken“ (Eintracht AG) mit Sitz in Berlin umgewandelt. Ausgestattet mit einem Kapital von 1.600.000 Mark expandierte das Unternehmen unter Leitung Werminghoffs. Den wohl bedeutendsten Schritt auf diesem Weg bildeten der Erwerb von Kohlenfeldern bei Welzow und der 1892 erfolgte Aufschluss der Grube Clara in Welzow (Kr. Spremberg). In rascher Folge entstanden dort bis 1905 drei Brikettfabriken, nachdem schon 1902 in unmittelbarer Nachbarschaft bei Haidemühl die Grube Clara II aufgeschlossen und dort ebenfalls eine Brikettfabrik (ab 1921 Brikettfabrik IV der Grube Clara) errichtet wurde. Der Entwicklung von Welzow zum Hauptstandort des Unternehmens trug die Verlegung des Sitzes der Aktiengesellschaft von Berlin nach Neu Welzow (ab 1920 Welzow) im Jahre 1905 Rechnung.
Bereits 1899 wurde der Betrieb auf der Grube Emilie eingestellt und als Ersatz dafür eine zweite Brikettfabrik auf Grube Henriette errichtet. Weitere Erwerbungen konzentrierten sich in den Folgejahren auf den östlichen Teil des Lausitzer Reviers, insbesondere im Kreis Hoyerswerda. 1908/10 wurde das Braunkohlenbergwerk der Aktiengesellschaft Saxonia bei Zeißholz erworben und dort die Grube Clara III aufgeschlossen. Nach weiteren umfangreichen Kohlenfeldererwerbungen bei Lohsa begann 1914 der Aufschluss der Grube Werminghoff, auf der nach kriegsbedingten Verzögerungen 1917 die erste Kohle gefördert und ab 1918 Briketts hergestellt wurden. In den 1920er Jahren erfolgte der Ausbau dieser Grube, die den Namen des Gründers der Aktiengesellschaft, ihres langjährigen Vorstandes (1887-1905) und Aufsichtsratsvorsitzenden (1905-1914) trug. Sie entwickelte sich neben dem Stammwerk der Grube Clara in Welzow zum bedeutendsten Produktionsstandort des Unternehmens. Mit dem Ausbau der Gruben entstanden unter Trägerschaft und Förderung der Eintracht AG Kolonien und Siedlungsbauten in Poley, Welzow und Werminghoff (ab 1950 Knappenrode) zur Unterbringung von Angestellten und Arbeitern. Die Eintracht AG nahm auf die Entwicklung der Orte durch finanzielle und materielle Zuwendungen u. a. für die Errichtung sozialer Einrichtungen maßgeblichen Einfluss.
In den 1920er Jahren hielten auf den Gruben Clara, Louise und Werminghoff technologische Neuerungen der Abbau- und Fördertechnik Einzug. An die Stelle der Kettenbahnen trat die Großraumförderung, die Handkippen wurden durch Absetzgeräte ersetzt und der gesamte Gruben- und Abraumbetrieb elektrifiziert. In den Jahren 1929 bis 1931 gingen leistungsfähige Abraumförderbrücken in Betrieb. An der Verbesserung der Brikettherstellung war die Eintracht AG durch eigene technologische Entwicklungen u. a. zur elektrostatischen Entstaubung und zur Ausgestaltung von Nassentstaubungsanlagen beteiligt, die sie sich patentieren ließ. Gemessen an Kohlenförderung, Brikettherstellung und Belegschaft gehörte die Eintracht AG nach der dominierenden Ilse Bergbau AG in etwa gleichem Rang wie die Niederlausitzer Kohlenwerke AG und die Braunkohlen- und Brikett-Industrie-Aktiengesellschaft (Bubiag) zu den größten Bergbauunternehmen des Lausitzer Reviers.
1931 zum 50jährigen Gründungsjubiläum betrieb die Eintracht AG die Gruben Clara in Welzow (mit Clara II bei Haidemühl), Clara III bei Zeißholz, Henriette bei Sallgast-Poley, Louise bei Domsdorf und Werminghoff. In Welzow befanden sich außerdem die Hauptverwaltung des Unternehmens und eine Zentralwerkstatt für die Unterhaltung der Bergbautechnik in den Grubenbetrieben. Nach Auskohlung des Tagebaus wurde der Betrieb der Grube Henriette am 15. Januar 1932 stillgelegt und in den Folgejahren die beiden Brikettfabriken der Grube abgebrochen. Im April 1934 stellte auch die Grube Clara III nach Auskohlung ihres Tagebaus die Kohlenförderung ein. Die Brikettfabrik der Grube wurde seitdem mit Kohle aus dem Tagebau der Grube Werminghoff beliefert. Alle Gruben verfügten über Anschlüsse an das Reichsbahnnetz. Die Belieferung der Brikettfabriken auf Grube Clara III und (nach 1939) auf Grube Clara aus dem Tagebau Werminghoff stellten Kohlenbahnen sicher. Nach weiteren Kohlenfelderwerbungen bei Lohsa begannen ab 1933 die Vorarbeiten für den Aufschluss des Tagebaus II (Ostfeld) der Grube Werminghoff.
Zum Unternehmensbereich gehörten auch andere im Mehrheitsbesitz der Eintracht AG befindliche Braunkohlenwerke, insbesondere die „Freia“ Braunkohlenwerke AG in Niesky/O.L. und ihre Tochtergesellschaft, die Oberlausitzer Braunkohlenwerke „Olba“ in Kleinsaubernitz mit der Grube Olba. Bereits 1927 musste diese Grube nach einem Wassereinbruch stillgelegt werden. Das Vermögen dieser Gesellschaften und einer Reihe von Kohlenfeldergesellschaften mit Mehrheitsbeteiligungen der Eintracht AG, darunter der Gewerkschaften „Kurfürst“ und „Helene“, der Gräflich Eduard Carl Oppersdorffschen Bergwerks-AG und der Braunkohlenindustrie AG „Vogelsfreude“, ging 1936 nach Auflösung der Gesellschaften in den Besitz der Muttergesellschaft über und vergrößerten damit die abbaufähigen Kohlenfelder der Eintracht AG erheblich.
Seit 1902 stand die Eintracht AG unter Kontrolle des Ignaz-Petschek-Zweiges der böhmischen Kohlenhändler-Familie Petschek, die die Aktienmehrheit gewann. 1918 übernahm Ignaz Petschek das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden. Auch noch nach seinem Tode 1934 gehörten weitere Mitglieder seiner Familie diesem Gremium an. Auf Grund ihrer jüdischen Herkunft wurde die Familie Petschek von den Nationalsozialisten enteignet. Gemäß der „Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens“ vom 3. Dezember 1938 wurde durch Erlass des Reichswirtschaftsministers vom 19. Januar 1939 ein Treuhänder des Reichswirtschaftsministers für die Eintracht AG eingesetzt. Dieser veräußerte die Gewerbetriebe und den Besitz der Eintracht AG mit Vertrag vom 8. September 1939 rückwirkend per 1. Januar 1939 an die Deutsche Kohlenbergbau-Gesellschaft mbH. Die Aktiengesellschaft wurde daraufhin aufgelöst und ging in Liquidation. Die Deutsche Kohlenbergbau-Gesellschaft mbH wiederum übertrug die Verfügungsgewalt über die Gewerbetriebe und den Besitz der Eintracht AG durch Vertrag vom 7. Dezember 1939 mit Wirkung vom 1. Januar 1939 an die „Hermann-Göring-Werke“. Durch Vertrag vom 6. März/12. April 1940 brachten die „Hermann-Göring-Werke“ mit Wirkung ab 1. Januar 1940 die früheren Eintracht-Betriebe und deren Besitz in die Anhaltische Kohlenwerke AG ein. Dort bildeten die Betriebe der früheren Eintracht AG seitdem eine Verwaltungseinheit als AKW Welzow (oder AKW - Gruppe Welzow).

Bestandsgeschichte

Die Unterlagen wurden aus Betriebsarchiven verschiedener Braunkohlenwerke in das BLHA übernommen. Aus Abgaben der VVB Braunkohle Senftenberg in den Jahren 1973 und 1974 konnten wenige Akten dem Bestand Rep. 75 Eintracht Braunkohlenwerke AG, Welzow zugeordnet werden. Der Hauptbestand mit Unterlagen der Hauptverwaltung der Eintracht AG und einzelner Grubenbetriebe wurde 1989 vom Betriebsarchiv des VEB BKW „Glückauf“ Knappenrode an das BLHA abgegeben. Andere Unterlagen insbesondere zur Grube Louise gelangten mit einer Abgabe des VEB Braunkohlenveredlung Lauchhammer 1987 in das Archiv. Die bei der Erschließung des Bestandes Rep. 270 VVB Braunkohlenverwaltung Welzow auf Grund ihrer Provenienz ausgeschiedenen Unterlagen der Eintracht AG wurden 2006 dem Bestand angefügt. Schließlich erhielt der Bestand umfangreichere Ergänzungen aus den Abgaben der DISOS GmbH bzw. Rhenus GmbH in den Jahren 2007-2008. Diese Gesellschaften verwahrten nach 1990 im Auftrag der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) die Unterlagen verschiedener geschlossener Braunkohlenwerke, Braunkohlenkombinate und VVB der Braunkohlenindustrie.
Abgesehen von wenigen Teilbestände, die vorläufig verzeichnet wurden, blieb der Bestand im Archiv unbearbeitet und konnte nur mit Hilfe von Ablieferungslisten und einer vorläufigen Findkartei des Betriebsarchivs benutzt werden. Die Erschließung des Gesamtbestandes und eine damit verbundene Bewertung erfolgten in den Jahren 2019 und 2020. Die Arbeiten umfassten u. a. die Einordnung der jüngeren Übernahmen nach 1990 in den Bestand und die Abgrenzung des Bestandes mit der Überlieferung des Rechtsnachfolgers, der Anhaltischen Kohlenwerke Welzow, im Bestand Rep. 75 Anhaltische Kohlenwerke AG (AKW). Hierfür wurde das Grenzjahr 1940 zugrunde gelegt. Akten, die über das Jahr 1940 wesentlich hinausreichen oder in diesem Jahr und später überhaupt erst angelegt wurden, sind dem Bestand Rep. 75 Anhaltische Kohlenwerke AG (AKW) zugewiesen worden. Die abschließende Bearbeitung des Karten-Bestandes steht noch aus.
Der Bestand Rep. 75 Eintracht Braunkohlenwerke AG enthält Unterlagen, die bei der Hauptverwaltung in Welzow und bei einzelnen Gruben entstanden. Der Begriff "Grube" bezieht sich in der Regel im weiteren Sinne auf das gesamte Werk (Tagebau, Brikettfabrik, Kraftzentrale) und nicht nur auf die Grube als Tagebau im engeren Sinne.
Unterlagen der Eintracht AG werden auch im Sächsischen Staatsarchiv - Bergarchiv Freiberg verwahrt.
Nachfolger:Anhaltische Kohlenwerke AG
Verweis:Rep. 75 Anhaltische Kohlenwerke AG Halle/Berlin (AKW). - Rep. 270 VVB (Z) Braunkohlenverwaltung Welzow. - Rep. 901 Lausitzer Braunkohlenwerke.

Angaben zur Benutzung

Veröffentlichungen:Sauce, Wilhelm de la: 50 Jahre Eintracht Braunkohlenwerke und Briketfabriken, Welzow. In: Braunkohle, Jg. 1932, H. 3, S. 48-52.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1696181
 
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