Angaben zu Inhalt und Struktur |
Titel: | Rep. 32 Joachimsthalsches Gymnasium |
Dat. - Findbuch: | 1255 - 1999 |
Vorwort: | Behördengeschichte
Die Joachimsthalsche Fürstenschule (Gymnasium Electorale Brandenburgicum in valle Joachimica) wurde 1607 durch Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg in der wenige Jahre zuvor gegründeten Stadt Joachimsthal eingeweiht. Nach dem Vorbild sächsischer Fürstenschulen sollte Nachwuchs herangezogen werden, der nach entsprechender akademischer Bildung Aufgaben im Staats- und Kirchendienst übernehmen konnte. Infolge des Dreißigjährigen Krieges mussten Lehrer und Schüler 1636 nach Angermünde flüchten. Erst 1647 wurde die Schule in Berlin reorganisiert, erhielt 1688 ein eigenes Gebäude in der Burgstraße, zog 1880 nach (Deutsch-) Wilmersdorf um und wurde 1912 nach Templin in der Uckermark verlegt. Seit 1707 nannte sich die Ausbildungsstätte „Königliches Joachimsthalsches Gymnasium". Nach dem ersten Weltkrieg wurde sie in eine staatliche Stiftung und 1948 in die „Landesschule Templin“ umgewandelt (vgl. BLHA, Rep. 205E Joachimsthalsches Gymnasium), an deren Stelle 1953 das Lehrerbildungsinstitut Templin trat.
Kurfürst Joachim Friedrich und seine Nachfolger hatten die Schule mit umfangreichem Besitz, Einkünften und Rechten ausgestattet. Dazu gehörten Dörfer und Güter in der Ucker- und Altmark: 1. Schulamt Joachimsthal mit Vorwerk, Jagdschloss und Stadt Joachimsthal, Dorf Alt-Grimnitz sowie Dorf und Gut Golzow; 2. das aus den Besitzungen des 1542 säkularisierten Klosters Dambeck in der Altmark bestehende Schulamt Dambeck mit dem gleichnamigen Vorwerk und Dorf und den Dörfern Groß-Bierstedt (z. T.), Brewitz, Brietze, Cheine, Dessau, Giseritz, Groß- und Klein-Gischau, Hagen, Hohen-Henningen, Jebel, Königsstedt, Kuhfelde, Leetze, Maxdorf, Neuhof, Altensalzwedel, Schieben, Sieden-Tramm (z. T.), Sienau, Valfitz und Vitzke; 3. Schulamt Neuendorf in der Uckermark mit gleichnamigem Vorwerk, Dorf und Vorwerk Lunow und der späteren Kolonie Hohen-Saathen; 4. Schulamt Seehausen in der Uckermark mit Dorf und Vorwerk Seehausen und Dorf Seelübbe; 5. Schulamt Blankenburg in der Uckermark mit Dorf und Vorwerk Blankenburg und Teilbesitz an Dorf Bertikow. Dazu kamen Kapitalzuwendungen zu Stipendienzwecken, Zinsen aus der Mittelmärkischen Städtekasse, Gefälle aus dem Oderberger Niederlagshaus, Anteil an Lehnsgefällen und Kanonikatsgeldern aus den Stiftern Minden, Halberstadt und Magdeburg. Die anfangs doppelte Unterstellung der Fürstenschule unter die Kurmärkische Amtskammer und den Geheimen Rat wurde 1649 durch Gründung des Joachimsthalschen Schuldirektoriums aufgehoben. Dieses wurde Aufsichtsbehörde für alle Schul-, Ökonomie-, geistlichen und Gerichtssachen der Schule. Eigens für die Schulangelegenheiten war ein Visitator eingesetzt, der zwischen Schuldirektorium und Lehrerkollegium vermitteln sollte. Er gehörte seit 1809 dem Direktorium an, das seit dem gleichen Jahre, und zwar als Teil der neuen Regierung Potsdam, nur noch die Ökonomie des Gymnasiums überwachte und 1816 gänzlich aufgelöst wurde. Bis 1890 verwaltete die Regierung Potsdam (vgl. BLHA, Rep. 2A III D Joachimsthalsche Schulgüterverwaltung) die uckermärkischen Schulämter, die Regierung Magdeburg das altmärkische Schulamt Dambeck (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt). Alle anderen Schulsachen oblagen von 1809 bis 1816 der Sektion des öffentlichen Unterrichts im Preußischen Ministerium des Innern (Geheimes Staatsarchiv PK, I. HA, Rep. 77), von 1816 bis 1826 dem Konsistorium der Provinz Brandenburg (vgl. BLHA, Rep. 40D) und von 1826 bis 1945 dem Provinzialschulkollegium (vgl. BLHA, Rep. 34), das seit 1890 auch für die Schulämter zuständig war. In der Schule selbst hatten sich aus dem differenzierten Lehrerkollegium der Rektor und sieben Professoren konstituiert, die seit 1767 das Konzilium der Professoren bildeten. Es beriet alle Schulangelegenheiten kollegialisch und vertrat die Schule gegenüber der vorgesetzten Behörde. Das Konzil verlor im 19. Jahrhundert an Einfluss, da der seit Aufhebung des Schuldirektoriums „Direktor“ genannte Schulleiter eine monokratische Stellung einnahm.
Bestandsgeschichte
Im Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem befanden sich vor 1945 im Bestand X. Hauptabteilung, Pr.Br.Rep. 32 Joachimsthalsches Gymnasium Teile der Überlieferung, die 1950 aus der kriegsbedingten Auslagerung in das BLHA kamen. 1952 wurden große Mengen Akten des Schuldirektoriums, anderer Aufsichtsbehörden und der Schule selbst aus der Landesschule Templin übernommen, 1963 der gesamte Rest der noch aus der Zeit vor 1945 vorhandenen Schulakten. Der ganze Komplex wurde 1956 bis 1957 neu verzeichnet und geordnet. Dabei ergaben sich innerhalb des Gesamtbestandes neun Provenienzen: Das „Joachimsthalsche Schuldirektorium", der „Visitator und Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums", das „Professorenkonzil", das „Schuldirektorat", das „Pädagogische Seminar", die „Joachimsthalsche Schulhauptkasse", die „Alumnatskasse", die „Lehrerwitwen- und -waisenkasse" und das „Kuratorium der Oelrichsschen Stiftung". Neben der Aktenüberlieferung, die sich mit vergleichsweise geringen Verlusten heute im BLHA befindet, verfügte das Gymnasium über eine umfangreiche Bibliothek mit bedeutenden Sammlungen (1935: 45.000 Druckschriften, 48.000 Universitäts- und Schulschriften, 500 Karten, 18 Inkunabeln, 260 Handschriften und 33 Urkunden, vgl. Winter 1970, S. 5). Große Teile wurden durch Kriegseinwirkung vernichtet oder geplündert. Reste befinden sich in der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Dazu gehören neben den Musikaliensammlungen der Prinzessin Amalie von Preußen, die bereits 1914 an die Staatsbibliothek gelangten, auch 132 Handschriften des Joachimsthalschen Gymnasiums, der Nachlass des Juristen und Historikers Johann Karl Konrad Oelrichs (1722-1799) sowie verschiedene Nachlasssplitter und Manuskripte. Der Nachlass Oelrichs wurde 1973 vom damaligen Staatsarchiv Potsdam im Austausch gegen einige Manuscripta Borussica an die Staatsbibliothek abgegeben. – Im geringen Umfange wurde der Bestand durch Zukäufe auf dem Antiquariatsmarkt 1995 und 1999 ergänzt.
Literatur
Erich Wetzel: Die Geschichte des Königl. Joachimsthalschen Gymnasiums 1607-1907 (= Festschrift zum 300jährigen Jubiläum, 1). Halle a.S. 1907. - Ernst Bahn: Die Abiturienten des Joachimsthalschen Gymnasiums, Teil I. 1789-1870, in: Jahresbericht über das Königl. Joachimsthalsche Gymnasium für das Schuljahr 1901, Berlin 1902, S. 1-40, Teil II. 1871-1940, in: Jahresbericht über das Königl. Joachimsthalsche Gymnasium für das Schuljahr 1904, Berlin 1905, S. 1-30. - Ursula Winter: Die Handschriften des Joachimsthalschen Gymnasiums und der Carl Alexander-Bibliothek (= Handschrifteninventare der Deutschen Staatsbibliothek, 1). Berlin 1970. - Helga Döhn: Der Nachlaß Johann Karl Konrad Oelrichs (= Handschrifteninventare der Deutschen Staatsbibliothek, 15). Berlin 1990. - Jonas Flöter und Christian Ritzi (Hrsg.): Das Joachimsthalsche Gymnasium. Beiträge zum Aufstieg und Niedergang der Fürstenschule der Hohenzollern. Bad Heilbrunn 2009. |
Nachfolger: | BLHA, Rep. 205E Joachimsthalsches Gymnasium Templin |
Verweis: | BLHA, Rep. 2A Regierung Potsdam und Rep. 34 Provinzialschulkollegium (hier Abschrift der Gründungsurkunde von 1607) und Rep. 40D Konsistorium. - Geheimes Staatsarchiv PK, I. HA, Rep. 60 Gymnasium zu Joachimsthal (Akten des Geheimen Rats) und Rep. 77 Ministerium des Innern |
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