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37 Lieberose U Verweis; Rezess über eine außergerichtliche Einigung zwischen Adolph Wratislaw Reichsgrafen von Sternberg [als Lehnsherr] und Levin Joachim Freiherrn von der Schulenburg auf Lieberose und Beetzendorf [als Lehnsinhaber], wegen der Lehnshoheit über Schloss, Stadt und Herrschaft Lieberos
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Allgemeine Information |
Angaben zur Identifikation |
Signatur: | 37 Lieberose U Verweis |
Titel: | Rezess über eine außergerichtliche Einigung zwischen Adolph Wratislaw Reichsgrafen von Sternberg [als Lehnsherr] und Levin Joachim Freiherrn von der Schulenburg auf Lieberose und Beetzendorf [als Lehnsinhaber], wegen der Lehnshoheit über Schloss, Stadt und Herrschaft Lieberose. Der Lehnsherr hatte bei Herzog Christian I. von Sachsen-Merseburg mehrmals Einwendung erhoben wegen der seinem Geschlecht im Markgraftum Nierderlausitz von alters her zustehenden Lehen, namentlich wegen der Lehnshoheit über Schloss, Stadt und Herrschaft Lieberose. Nachdem die beiden Markgraftümer Ober- und Niederlausitz an das Kurhaus Sachsen gekommen waren, hatte er wiederholt um Assistenz des Kurfürsten und Landesherrn ersucht, um die Sterbergischen Lehnsleute zur Leistung ihrer in den vergangenen Kriegswirren unterbliebenen Schuldigkeit anzuhalten. Der Herzog hatte daraufhin in einem zu Merseburg 1685 Juni 25 ausgestellten Reskript die Oberamtsregierung der Niederlausitz angewiesen, den Lehnsherrn zu unterstützen. Der Lehnsinhaber hatte sich mit Unwissenheit über die Lehnsqualität von Lieberose entschuldigt. Nicht nur aus älteren Akten und insbesondere aus einem 1637 Dezember 5 an den Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen gerichteten Oberamtsbericht ging hervor, dass die Herrschaft Lieberose als sternbergisches Lehen galt. Es wurde vom Lehnsherrn auch nachgewiesen, dass Adam Herr von Sternberg im Jahre 1577 Joachim von der Schulenburg und im Jahre 1595 dessen Sohn Reichart von der Schulenburg das Lehen über Lieberose gereicht hat. Außerdem hatte 1619 Januar 4 die Witwe Joachims von der Schulenburg des Jüngeren, Marianne Hedwig von der Schulenburg, geborene Burggräfin zu Dohna, die Lehnsmutung für ihren unmündigen Sohn Heinrich Joachim von der Schulenburg bei Adam Herrn von Sternberg schriftlich vorgenommen. Die sternbergische Lehnsherrschaft war also von den Herren von der Schulenburg anerkannt worden. So hat der Lehnsinhaber sich in dieser Angelegenheit nicht mehr entgegenstellen und es auf einen Prozess ankommen lassen wollen, sondern die sternbergische Wohlgewogenheit wieder zu gewinnen und die Herrschaft Lieberose für sich und sein Ge-schlecht zu bewahren gesucht. Der Lehnsherr hat sich dem geneigt gezeigt, und so haben beide Teile, ihre Abgeordneten und Bevollmächtigten eine Konferenz außerhalb des Gerichts gehalten und die Misshelligkeiten wie folgt beigelegt:
1. Der Lehnsinhaber hat wegen seines aus Unwissenheit begangenen Lehnsfehlers um Entschuldigung gebeten und für sich und seine Erben und für die in vorigen Investituren Mitbelehnten versprochen, dass sie den Lehnsherrn seine Nachfolger als Lehnsherrn der Herrschaft Lieberose anerkennen und nicht nur jetzt die Lehen und die gesamte Hand darüber suchen und empfangen, sondern auch künftig bei allen Lehnsfällen gebührende Folge leisten und sich als treue Vasallen erweisen wollen. 2. Diese freiwillige Unterwerfung hat der Lehnsherr für sich und im Namen seines Geschlechts angenommen und hat alle Ansprüche aus der in langer Zeit unterbliebenen Lehnsanerkennung und anderen Ursachen gegen eine geringe Erkenntlichkeit fallen lassen. Der Lehnsherr ist fest entschlossen, dem Lehnsinhaber und seinen Erben nach abgestatteter Lehnspflicht die Herrschaft Lieberose wieder als Lehn zu reichen. Außerdem will er auch dessen Brüdern und allen übrigen von den in vorigen Belehnungen benannten Mitbelehnten herstammenden Agnaten mit in die gesamte Hand setzen. 3. Dem Landesherrn will der Lehnsherr in dessen Rechten nicht den geringsten Eingriff tun, so dass dieselben ausdrücklich vorbehalten sein sollen.
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Darin: | 4. Der Lehnsherr hat mit dem Lehnsinhaber vereinbart, dass in der Herrschaft Lieberose künftig immer der älteste Sohn des jeweiligen Inhabers nachfolgen und „pro majori condecentia“ den Herrenstand annehmen soll, wenn er ihn nicht durch Geburt bereits hat. Falls er diese Bedingung nicht erfüllen will oder kann, soll er zur Nachfolge nicht zugelassen werden. In diesem Fall soll der in der Nachfolgeordnung folgende Bruder oder Vetter, der die Bedingung des Herrenstands erfüllt oder unverzüglich zu erfüllen bereit ist, in der Herrschaft nachfolgen. 5. Alle künftigen Besitzer der Herrschaft Lieberose sollen diese „in corpore“ beisammen lassen und sie weder durch Teilung noch durch Verkauf, Tausch, Verpfändung oder Belastung trennen oder entfremden dürfen und schuldig sein, alle zum Inventar bei der Herrschaft und den dazugehörigen Vorwerken bei allen vorkommenden Veränderungen unzertrennt zu be-lassen. 6. Der Lehnsinhaber hat ausführlich dargestellt, wie sein Vater, Achaz Freiherr von der Schulenburg, sich, um in den sicheren Besitz der Herrschaft Lieberose zu gelangen, genötigt sah, den Solms’schen Erben der Witwe des Landvogts [Heinrich Joachim Freiherrn von der Schulenburgs] 11.000 Taler zu zahlen, und dass er zur Erhaltung und Besserung der Herrschaft große Summen aufgewandt hat, die der Lehnsinhaber sich in der brüderlichen Teilung als väterlichen Anteil hat abziehen lassen müssen. Daher könnten diese Posten nicht als eine neue Schuld („novum debitum“) angesehen werden, sondern müssten von ihm oder seinen Erben, wenn er ohne Lehnserben zu hinterlassen verstirbt, von dem nachfolgenden Vetter als richtige Feudalschuld („ein richtig debitum feudale“) erstattet werden. Der Lehnsinhaber bat den Lehnsherrn, diese genannten Posten in der Herrschaft zu versichern. Der Lehnsherr will darüber befinden und den Umständen nach seinen Konsens erteilen. Dagegen soll der Lehnsinhaber allen möglichen Fleiß anwenden und Kosten nicht scheuen, um die Herrschaft Lieberose zu verbessern; seine Nachfolger aber sollen verpflichtetet sein, die Herrschaft von der genannten Schuld so bald wie möglich wieder zu befreien. 7. Wenn der in der Herrschaft Lieberose nachfolgende älteste Sohn Geschwister hat, so soll zur Apanage, wenn nur ein Bruder vorhanden ist, dieser 3.000 Taler erhalten, wenn aber mehrere Brüder vorhanden sind, jeder von ihnen nur 1.500 Taler. Wenn nur eine Schwester da ist, sind zu ihrer völligen Aussteuer 1.500 Taler, wenn es mehrere Schwestern sind, einer jeden von ihnen nicht mehr als 1.000 Taler zu geben. Dies soll der Nachfolger unverzüglich aus der Herrschaft Lieberose zahlen. 8. Kein künftiger Besitzer der Herrschaft Lieberose soll seine Gemahlin mit einem Leibgedinge von mehr als 1.500 Taler ausstatten dürfen. 9. Die Gemahlin soll mit diesem Quantum zufrieden und nicht befugt sein, Fahrhabe, ein Pflichtteil oder sonst etwas Weiteres zu fordern. 10. Dasjenige Pfand- und Hypothekenrecht („ius pignoris und hypothecae“), worauf der vorige Inhaber der Herrschaft Lieberose, Heinrich Joachim Freiherr von der Schulenburg, Landvogt des Markgraftums Niederlausitz, sein Besitzrecht gründen wollte, soll nach Bericht des jetzigen Lehnsinhabers aus einem 1659 [lies 1619] Dezember 3 von einer kaiserlichen Kommission errichteten und 1628 Januar 26 von Kaiser Ferdinand II. konfirmierten Kommissionsrezess herrühren. Der Lehnsherr lässt den Rezess und dessen Bestätigung „in ihrem höchsten und hohen werth beruhen“, vertritt aber die rechtliche Meinung, dass die landesfürstliche Bestätigung das Obereigentum („dominium directum“) seines Geschlechtes nicht beeinträchtige oder dasselbe zur Anerkennung der genannten Schulden verpflichte, es sei denn, solche Posten sind mit dem lehnsherrschaftlichen Konsens seiner Vorgänger bekräftigt oder es handelt sich um unstreitige Feudallasten („onera feudalia“). Für die Klärung von Ansprüchen, besonders der Ursula Marianne Gräfin von Redern, geborene Freifrau von Kittlitz, soll ein eigener Bevollmächtigter bestellt werden. Die Unkosten trägt der Lehnsinhaber. Die Herrschaft Lieberose soll von Schulden der genannten Art möglichst ganz befreit werden. 11. Der Lehnsinhaber hat um Erklärung darüber gebeten, wie es bei künfti-gen Lehnsfällen, die einen Antrag auf Erneuerung der Investitur nötig machen, mit der Lehnsmutung und -empfängnis und mit der Erneuerung der gesamten Hand hinsichtlich der entfernt wohnenden Mitbelehnten zu halten und wie viel jedes Mal an Gebühren und Lehnware zu zahlen sei. Der Lehnsherr hat sich daraufhin entschlossen, dass der Lehnsinhaber und „gleichsam neuacquirent“ diesmal sowohl für sich die Lehen als auch für alle mitbelehnten Agnaten die Bekundung der gesamten Hand suchen wird. Der Lehnsherr wird ihm beides nach abgelegtem Lehnseid mittels eines Lehnbriefes und gewöhnlicher Mutzettel erteilen. In künftigen Lehnsfällen aber soll der jeweilige Lehnsinhaber oder -nachfolger mit einer Vollmacht von sämtlichen in den Lehnbriefen genannten Gesamthändern versehen sein, und, wenn er für sich um die Neubelehnung nachsucht, auch um die Belehnung zur gesamten Hand ersuchen. Beides wird er auch nach Ablegung des Lehnseides und Erstattung der Gebühren, die der jeweilige Lehnsinhaber von den Mitbelehnten einbringen und bar bezahlen soll, unverzüglich und gewiss erhalten. Was Lehnware, Kanzleigebühren und die Taxe der von der sternbergischen Lehnskurie künftig benötigten Gerichtsgebühren für Konsense, Bestätigungen und andere Urkunden be-trifft, will das Haus Sternberg nicht mehr nehmen als dort vor Ort ge-bräuchlich. 12. Weil wahrscheinlich der Senior der Sternbergschen Familie nicht immer und zum Zeitpunkt einer Lehnserneuerung im Königreich Böhmen oder in der Nähe sein wird, verspricht der Lehnsherr für sich und seine Nachfolger im Seniorat, dass bei allen Todesfällen auf Seiten des Lehnsherrn die sternbergische Lehnskanzlei diesen Todesfall dem Inhaber der Herrschaft Lieberose schriftlich kundtun wird. Das Neubelehnungsverfahren soll erst zum Zeitpunkt dieser erlangten Kenntnis seinen Anfang nehmen. Der Rezess wird dreifach ausgefertigt. Zusage des Lehnsherrn, binnen drei Monaten den schriftlichen Konsens seiner Brüder und Vettern dem Lehnsinhaber zuzuschicken. |
Dat. - Findbuch: | 1688 Juli 8 |
Ort: | Prag |
Beglaubigungsform: | Beglaubigung: Ankündigung der Unterschrift des Lehnsherrn und des Lehnsinhabers und ihres aufgedrückten gräflichen bzw. freiherrlichen Siegels. |
genetisches Stadium / Überlieferungsform: | Abschrift |
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Angaben zum Kontext |
Verweis: | siehe Rep. 37 Herrschaft Lieberose Nr. 225, Blatt 50-63; weitere Abschriften in Rep. 37 Herrschaft Lieberose Nr. 225 und Nr. 226. |
Abschriften / Übersetzungen / Edition / Literatur: | Regest: Wittern (2014) S. 288-293 Nr. 26 |
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Benutzung |
Erforderliche Bewilligung: | Keine |
Physische Benützbarkeit: | Uneingeschränkt |
Zugänglichkeit: | Öffentlich |
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URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1972397 |
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