901 Großkok Lauchhammer; Rep. 901 VEB Großkokerei „Mátyás Rákosi“ Lauchhammer; 1951-1958 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 901 VEB Großkokerei „Mátyás Rákosi“ Lauchhammer
Dat. - Findbuch:1951 - 1958
Vorwort:Betriebsgeschichte
Die DDR verfügte über große Vorräte an Braunkohle, jedoch kaum über Steinkohle. Insbesondere für die Versorgung der metallurgischen und chemischen Industrie stand sie deshalb vor der Aufgabe, aus der heimischen Braunkohle einen Koks herzustellen, dessen Gasgehalt und Kohlenstoffkonzentration den Werten von Steinkohlenkoks entsprach, dessen Asche- und Schwefelgehalt sowie Heizwert dem Steinkohlenkoks nahe kam und dessen Stückigkeit und Abriebfestigkeit so groß waren, dass er in Niederschachtöfen, aber auch in kleinen Hochöfen eingesetzt werden konnte. Versuche zur Herstellung von Braunkohlenhochtemperaturkoks (BHT-Koks) gab es bereits seit den 1930er Jahren.
Der Verfahrenstechniker Prof. Dr. Erich Rammler (1901-1986) und der Bergbauingenieur Dr. Georg Bilkenroth (1898-1982) entwickelten ein entsprechendes Verfahren, das sie im Sommer 1950 dem Ministerium für Schwerindustrie/HA Kohle vorstellten. Sie konzentrierten sich dabei auf die Niederlausitzer Braunkohle, die den gewünschten Eigenschaften am ehesten entsprach und meldeten ihr Verfahren 1952 zum Patent an. Noch am 22. September 1951 gab das Ministerium die Weisung zum Bau der Großkokerei und am 25. Oktober 1951 bestätigte der Ministerrat das Vorhaben, einschließlich des dafür notwendigen Umbaus der Brikettfabriken 5, 6 und 9/II (später 65, 66 und 69/II), des Neubaus einer Brikettfabrik (später 64) und weiterer Anlagen.
Bereits am 1. Oktober 1951 war Baubeginn. Am 14. Juni 1952 ging die erste Kammer der ersten von 24 geplanten Ofeneinheiten (mit 96 Koksöfen) in Betrieb und wurde somit der erste BHT-Koks der Welt produziert. Ursprünglich sollten mit dem Enthusiasmus der Erbauer alle 24 Ofeneinheiten zu Stalins Geburtstag am 21. Dezember 1952 fertig sein. Der Bau gestaltete sich jedoch nicht einfach. Zu Baubeginn lag kein bestätigtes Gesamtprojekt vor, die Projektierung erfolgte fortlaufend. Gleichzeitig wurden weitere Versuche und Untersuchungen zur Verbesserung der Koksqualität durchgeführt. Manchmal wurden während des Baus Änderungen vorgenommen oder es wurde nach dem Bau wieder abgerissen, weil die gewünschten Parameter nicht zu erreichen waren. Oft fehlte das nötige Material. Insbesondere nach den Ereignissen des 17. Juni 1953 wurden die Investitionsmittel gekürzt, um die Konsumgüterproduktion zu fördern. Der Aufbau der Großkokerei konnte Ende 1957 mit der Inbetriebnahme der 24. Ofeneinheit im Wesentlichen abgeschlossen werden. 1957 waren 2317 Beschäftigte im Werk tätig.
Neben den Industrieanlagen galt es, Unterkünfte für die Bauarbeiter (Heimstätte) und Familien, soziale und kulturelle Einrichtungen zu schaffen.
Am 29. Oktober 1952 weilte im Rahmen eines Staatsbesuches der Ministerpräsident Ungarns, Mátyás Rákosi, im Werk. Auf Antrag erhielt das Werk am 7. November 1952 den Namen "Mátyás Rákosi" verliehen. Nach dem Ungarischen Volksaufstand Ende 1956 beantragte es die Löschung des Namens ab dem 1. März 1957.
Nach dem von Erich Rammler und Georg Bilkenroth entwickelten Verfahren wurden Feinstkornbriketts besonderer Körnung und bestimmten Wassergehalts in Vortrockenanlagen getrocknet und in Vertikalöfen verkokt. Die Kohle kam v.a. aus den Tagebauen Kleinleipisch und Klettwitz, wurde in den extra umgebauten bzw. der neugebauten Brikettfabrik zu Feinstkornbriketts verarbeitet und in einem weiteren Schritt in der Großkokerei zu Koks veredelt. Das anfallende Gas wurde von Teer und Mittelöl (Das Mittelöl wurde zu Leichtöl und Phenol weiterverarbeitet.) befreit. Es war zunächst eher ein unliebsames Nebenprodukt, wurde größtenteils abgefackelt, und erst ab 1957 nach Montage einer Gaskompressionsstation in die ebenfalls fertiggestellten Ferngasleitungen gedrückt und primär der Industrie zugeführt. Es setzte sich wegen seines üblen Geruchs erst nach der Inbetriebnahme der Rectisolreinigungsanlage 1961 als Stadtgas durch. Die Großkokerei entwickelte sich zum größten Stadtgasproduzenten der DDR, bis der VEB Kombinat Schwarze Pumpe diese Rolle übernahm.
1951 wurde eine Aufbauleitung berufen, ab 1. Januar 1952 außerdem eine Werkleitung. Im Zuge der Umbesetzung der Leitungsfunktionen wegen mangelhafter Ergebnisse Anfang 1953 wurde auch die Aufbauleitung der Werkleitung unterstellt.
Werkdirektoren waren Max Lösche (? - 31.12.1952) und Otto Graf (01.01.1953 - 30.06.1958), unterbrochen 1954 durch Otto Wichert, als Otto Graf die Wirtschaftsschule für Werkleiter in Ballenstedt besuchte.
Investitionsträger war die VVB Braunkohlenverwaltung Lauchhammer, ab April 1952 die VVB Braunkohlenverwaltung Senftenberg. Ab dem 1. Mai 1953 unterstand die Großkokerei direkt dem Staatssekretariat für Kohle bzw. Ministerium für Schwerindustrie und von 1955-1958 dem Ministerium für Kohle und Energie.
Am 1. Juli 1958 wurden der VEB Großkokerei Lauchhammer, der VEB Braunkohlenwerk Freundschaft Lauchhammer und der VEB Braunkohlenwerk Friedenswacht Lauchhammer zum VEB Braunkohlenkombinat Lauchhammer zusammengeschlossen und der VVB Braunkohle Cottbus, Sitz Senftenberg, zugeordnet.
Am 30. Oktober 1991 wurde die Großkokerei stillgelegt. Heute künden nur noch die Biotürme, in denen ab 1958/59 phenolhaltige Abwässer biologisch behandelt wurden, von den einstigen Industrieanlagen.
In gewisser Weise war der Aufbau der Großkokerei Lauchhammer eine Pionierarbeit, ein Versuch im Kleinen, für den 1955 begonnen Aufbau des VEB Kombinat Schwarze Pumpe mit drei geplanten Kokereien und dem später beschlossenen Ausbau zum Gaskombinat.

Bestandsgeschichte
Der Bestand wurde 1990 vom VEB Braunkohlenveredlung Lauchhammer, ab 1980 Nachfolger des VEB Braunkohlenkombinat Lauchhammer, mit Findkartei übernommen und 2010 erschlossen. Die vorgefundenen "Akten" waren oft nur eine Zettelablage. Offensichtlich hat bei dem neu entstehenden Betrieb zunächst jeder alles Schriftliche gesammelt. Eine Trennung von Werkleitung, Aufbauleitung und Investitionsabteilung war kaum zu erkennen. Einen schnellen Überblick über die Situation und Entwicklung des Werkes geben die unter dem Punkt 2.2. aufgeführten Kontrollberichte mit den enthaltenen Geschäftsberichten. Zusammenfassende Ausarbeitungen zur Geschichte des Verfahrens zur Herstellung des BHT-Kokses und zur Geschichte des Werkes, insbesondere der ersten Jahre, geben die Aktennummern 1, 60, 82, 117, 119, 148 und 151. Projektakten zu den Investitionen und Unterlagen zur eingesetzten Technik sind nicht vorhanden. Zeichnungsrisse sind nicht überliefert und auch sonst sind kaum Zeichnungen in den Akten vorhanden. Weitere Unterlagen des VEB Großkokerei Lauchhammer befinden sich in dem zusammengefassten Bestand Rep. 901 Lausitzer Braunkohlenwerke.
Nachfolger:VEB Braunkohlenkombinat Lauchhammer

Angaben zum Umfang

Umfang:4,6 lfm

Angaben zur Benutzung

Zitierweise:BLHA, Rep. 901 Großkokerei "Mátyás Rákosi" Lauchhammer Nr.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=83809
 
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