161 NS-Archiv; Rep. 161 NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS); 1904-1981 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 161 NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)
Dat. - Findbuch:1904 - 1981
Vorwort:Geschichte der Sammlung

Die Einrichtung der Sammlung, die ab 1990 als „NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS)“ bezeichnet wurde, erfolgte um die Jahreswende 1953/1954 als Reaktion auf den Aufstand des 17. Juni 1953. Eine vom Leiter der Abteilung XII (Erfassung und Statistik) unterzeichnete Richtlinie vom 5. Mai 1954 ordnete die Zusammenführung aller dem MfS zugänglichen Unterlagen aus der NS-Zeit in sein Zentralarchiv in der Freienwalder Straße in Berlin-Hohenschönhausen an. Dort sollten die fortan als „Z-Akten“ bezeichneten Unterlagen systematisch nach Material über die vermeintlichen Drahtzieher des Aufstandes, über ehemalige Mitglieder der NSDAP und ihrer Gliederungen oder über Sympathisanten des NS-Regimes ausgewertet werden. Das Interesse des MfS war in erster Linie auf Informationen über Personen und deren NS-Belastung gerichtet. Standen in der Anfangszeit vor allem potentielle innenpolitische Gegner im Mittelpunkt, weitete sich der Blick des MfS zunehmend auch auf den Bereich der Bundesrepublik aus. Die zum 1. Februar 1968 neu eingerichtete Hauptabteilung IX/11, in deren Verantwortung seitdem die „Z-Akten“ lagen, sollte die Unterlagen auswerten und nutzbar machen, um die Bundesrepublik als aggressiven imperialistischen Staat in der Tradition des NS-Regimes zu entlarven. Die Unterlagen spielten außerdem eine zentrale Rolle bei der Verfolgung von NS-Verbrechen. Sie wurden aber ebenso für die verschiedensten Personalüberprüfungen des MfS herangezogen.
Inhalt und Anlage der Sammlung folgen diesen Informationsbedürfnissen. Es überwiegt deshalb bei weitem personenbezogenes Schriftgut in den verschiedenen Formen von der mehrbändigen Personalakte über Straf-, Prozess- oder Ermittlungsakten, Stellenakten, Mitglieds- und Personallisten bis hin zu Einzeldokumenten, wie Ausweisen, Beurteilungen, Karteikarten oder Personalbögen. Für den Zugriff auf die notwendigen Informationen wurden die Unterlagen aufbereitet und nach inhaltlichen Gesichtspunkten zu Dossiers neu formiert. Man fragmentarisierte dafür die Unterlagen, indem fadengeheftete Akten oder Karteien in ihre Einzelteile zerlegt wurden. Wenn aus anderen Akten weitere Einzeldokumente zu einer Person vorlagen, wurden diese Einzelteile wiederum zu Dossiers formiert, so dass sich die ursprünglichen Entstehungszusammenhänge der Unterlagen kaum mehr rekonstruieren lassen. Die Unterlagen im NS-Archiv waren so je nach Bedarf mehrmals umgeordnet worden. Sie bestehen in der Mehrzahl aus Fragmenten von Personal- und Sachakten aus unterschiedlichsten Provenienzstellen. Die Unterlagen stammen aus den K5-Dezernaten bei den Kriminalämtern der Länder, den Vorgängerbehörden der Staatssicherheit. Mit den Akten der K5-Dezernate gelangten auch Unterlagen der Entnazifizierungskommissionen in den Besitz des MfS. Auf die Aktenrückgaben aus der Sowjetunion in den 1950er Jahren erhielt das MfS ein bevorzugtes Zugriffsrecht. Auch in den späteren Jahren ergänzte das MfS fortlaufend seinen Bestand auf offiziellen Wegen über die Archivkooperation oder mit geheimdienstlichen Mitteln.
Insgesamt setzte sich die Sammlung zum Schluss 1990 aus über 60 Teilbeständen zusammen und umfasste geschätzte 7-10 km Unterlagen.
Nach der Auflösung des MfS wurde das NS-Archiv dem Zentralen Staatsarchiv der DDR in Potsdam angegliedert und ging mit dessen Beständen am 3.10.1990 in die Zuständigkeit des Bundesarchivs über. 1992 verlegte das Bundesarchiv die Unterlagen von der Freienwalder Straße in sein Zwischenarchiv in Dahlwitz-Hoppegarten und machte sie dort nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zugänglich. Die Erschließungskarteien zur Sammlung, insbesondere die Personenkartei, und die vom MfS fortgeführten oder mit eigenem Schriftgut „angereicherten“ Akten verblieben als Unterlagen des MfS entsprechend dem Stasi-Unterlagengesetz bei der BStU.
2001 begann das Bundesarchiv ein Erschließungsprojekt mit dem Ziel, nach einer fachgerechten Verzeichnung die Unterlagen in die Provenienzbestände des Bundesarchivs einzuordnen und Fremdprovenienzen an die zuständigen Staats- und Landesarchive abzugeben.

Bestandsgeschichte (Bearbeitung der Überlieferung im BLHA)

Im Ergebnis der Arbeiten im Bundesarchiv gelangten in den Jahren 2004 und 2005 in mehreren Teillieferungen Unterlagen aus der Sammlung „NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS)“ in das BLHA. Die Teilbestände „Objekt 4“ und „Objekt 5“ mit den NS-Archiven der MfS-Bezirksverwaltungen Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus wurden dabei allein auf Grund der gegebenen Zuständigkeit für diese drei DDR-Bezirke an das BLHA abgegeben. Da das Bundesarchiv deshalb auf eine Bearbeitung mit Feststellung der Provenienzen verzichtete, standen für diese Teilbestände nur die vom MfS erfassten Personenangaben aus den Registrierbüchern zur Verfügung. Als Findhilfsmittel übergab das Bundesarchiv zwei Dateien, eine mit den Angaben der (weitgehend einfachen) Archivverzeichnung des Bundesarchivs und eine andere mit den Personenangaben aus den MfS-Registrierbüchern. Zur Abgabe des Bundesarchivs gehörte auch „unregistriertes“, d. h. vom MfS nicht ausgewertetes und mit Archivsignaturen gekennzeichnetes Schriftgut.
Die in weiten Teilen aus ihren Entstehungszusammenhängen gerissene Überlieferung und ihr insgesamt fragmentarischer Charakter sprachen gegen eine Aufteilung der Unterlagen auf die Provenienzbestände des BLHA. Der übernommene Bestand wurde deshalb zusammen belassen und unter der Bezeichnung Rep. 161 NS-Archiv des MfS aufgestellt. Die MfS-Signaturen, die die Zugehörigkeit der Unterlagen zu den verschiedenen Teilbestände des NS-Archivs kennzeichnen, blieben weitestgehend unverändert bestehen, auch um die Konkordanz zu den bei der BStU verwahrten und dort weiterhin genutzten Erschließungskarteien zu gewährleisten.
Die Erschließung der unbearbeitet vom Bundesarchiv übergebenen Teilbestände, die notwendige Revision des Gesamtbestandes und die in Teilen erforderliche Ergänzung von Erschließungsangaben nahmen einen längeren Zeitraum in Anspruch, zumal die Erschließung „atomisierter“ Unterlagen einen deutlich höheren Zeitaufwand erforderte. Die Erschließungsarbeiten setzten zunächst bei den „unregistrierten“ Unterlagen ein, die im Jahre 2007 unter den Signaturen ZZ 001 ff. verzeichnet wurden. In den Jahren 2011 bis 2018 erfolgten in mehreren Abschnitten die Revisions- und Erschließungsarbeiten an den übrigen Überlieferungen. Die Erschließungsdaten aus den vom Bundesarchiv übergebenen Dateien bildeten dafür die Grundlage. Je nach Erfordernis wurden sie um weitere Angaben (Laufzeit, Titel, ggf. Enthält-Vermerke und Ortsbezüge) ergänzt, um die einzelnen Dokumente, Vorgänge, Akten oder Dossiers (aus unterschiedlichen Provenienzstellen komponierte Akten zu einer Person) mit ihrer Provenienz sichtbar auszuweisen und in einer Klassifikation einzuordnen. Nach Abschluss dieser Arbeiten finden sich die Verzeichnungsangaben für eine Verzeichnungseinheit in einem Datensatz. Abseits des rein personenzentrierten Zugangs bieten die strukturierte Präsentation der Unterlagen durch Einordnung in eine Klassifikation und die intensive Erfassung von Orts- und Sachbezügen dem Nutzer Möglichkeiten, die Überlieferung nach thematischen Aspekten oder - soweit möglich - nach Provenienzgesichtspunkten zu befragen.

Bestandsinhalt

Der Bestand umfasst in der Masse personenbezogene Unterlagen, aber auch wenige „echte“ Sachakten staatlicher und kommunaler Behörden sowie der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände aus dem Bereich der Provinz Brandenburg. Ebenso liegen darin Unterlagen von Behörden und Stellen aus der Nachkriegszeit im Land Brandenburg (1945-1952) vor, insbesondere von Entnazifizierungskommissionen und Polizeibehörden (Landesbehörde der Volkspolizei, Kriminaldienststellen, Volkspolizei-Kreisämter). Die biographischen Quellen beziehen sich auf Personen und ihr Wirken in der NS-Zeit und ergänzen vielschichtig die (Provenienz-)Bestände des BLHA zu diesem Themenbereich. Das betrifft insbesondere die durch Kriegsverluste oder durch Aktenvernichtungen stark dezimierten Unterlagen regionaler und lokaler Stellen der NSDAP. In den polizeilichen Ermittlungsakten zur Durchführung der Entnazifizierung und der Verfolgung von NS-Verbrechen liegen neben den Unterlagen über die jeweilige Person mitunter minutiöse Berichte über Ereignisse in der NS-Zeit vor, die sich anhand der erhaltenen Behördenüberlieferung in den anderen Beständen kaum nachvollziehen lassen (z. B. zum Novemberpogrom 1938 gegen die jüdische Bevölkerung oder zur Beschäftigung von Zwangsarbeitern in der Landwirtschaft und Industrie). Mit Akten von Gerichten und Zuchthäusern oder von Polizeiverwaltungen, die Verfolgte des NS-Regimes betreffen, bietet der Bestand auch eine Ergänzung zu Quellen über Verfolgte und Opfer des NS-Regimes.

Angaben zum Umfang

Umfang:161,74 lfm; 38518 Akte(n)

Angaben zur Benutzung

Zitierweise:BLHA, Rep. 161 NS-Archiv des MfS
Benutzungsbeschränkung:Enthält weitere Verzeichnungseinheiten, für die Benutzungsbeschränkungen aufgrund Gesetzeslage bestehen.
Veröffentlichungen:Sabine Dumschat, Archiv oder „Mülleimer“?: Das „NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR und seine Aufarbeitung im Bundesarchiv, in: Archivalische Zeitschrift 89 (2007), S. 119-146. - Frank Schmidt, Die Überlieferungen aus dem NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) im Brandenburgischen Landeshauptarchiv, in: Brandenburgische Archive 30 (2013), S. 24-31.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=112371
 
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