Angaben zu Inhalt und Struktur |
Titel: | Rep. 75 Hirsch Kupfer- u. Messingwerke AG, Finow (Heegermühle) |
Dat. - Findbuch: | 1903 - 1946 |
Vorwort: | Firmengeschichte: Lorenz Gottlieb Schütz, ein Tanzmeister, Hofkomödiant und im Nebenberuf Messingarbeiter überzeugte 1696 den Kurfürsten von Brandenburg vom Bau einer Messinghütte in Heegermühle, welcher 1698 begann und 1700 vollendet war. Ab 1702 wurde die Messinghütte an den Kaufmann Friedrich Müller aus Halle bis zu dessen Bankrott im Jahre 1709 verpachtet. Danach traten die französischen Flüchtlinge Aureillin, Didelot und Lejeune als neue Pächter ein. Ab 1719 übernahm aber die Kurmärkische Kammer wieder die Verwaltung und errichtete von 1721 bis 1725 das Altwerk. Danach trat das Berliner Handelshaus Splitgerber & Daun von 1729 bis 1789 als Pächter ein. Die Kgl. Bergwerks- und Hütten-Administration übernahm aber bereits 1786 wieder die Leitung über das Messingwerk. Bis Mitte des 19. Jh. erfolgte eine schrittweise Vergrößerung des Altwerkes. 1863 verkaufte der preußische Staat das "Königliche Messingwerk Heegermühle" (siehe Rep. 14 A Hüttenamt/Hüttenwerk Heegermühle) für 100.000 Taler an Aron Hirsch und Sohn in Halberstadt. In den folgenden Jahren entstand unter der Leitung von Gustav Hirsch, Sohn des Firmengründers Aron Hirsch, aus dem Messingwerk ein moderner Großbetrieb. Zusammen mit dem Kupferwerk in Ilsenburg (Harz) schloss man sich unter dem Namen "Hirsch Kupfer- und Messingwerke" zusammen. Nach dem Tod seines Onkels 1898 übernahm Aron Hirsch die Gesamtleitung des Messingwerkes in Finow (Heegermühle). Zusammen mit der Deutschen Bank wurde 1906 die "Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG" - eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 8 Millionen Mark - gegründet. Den Kern des Unternehmens bildeten dabei die Werke in Ilsenburg und in Finow (Heegermühle) mit der jüdischen Familie Hirsch an der Spitze. Der Geschäftssitz wurde daraufhin vom Stammhaus in Halberstadt (Abtshof 14-17) nach Berlin verlegt. Nach dem Tod des Kommerzienrats Benjamin Hirsch, Sohn des vormaligen Firmenleiters Gustav Hirsch, ging die Leitung des gesamten Unternehmens 1910 auf Aron Hirsch über. Im Ersten Weltkrieg war das Messingwerk in Finow in die Rüstungsproduktion eingebunden und erzielte anfänglich große Gewinne. So konnte das Unternehmen expandieren und erbaute von 1917 bis 1919 das Neuwerk mit zwei riesigen Hallen. Es waren Eisenkonstruktionen einer neuen Waggonfabrik aus dem französischen Valenciennes, die als deutsche Kriegsbeute demontiert worden waren. Hier wurden ab 1920 vor allem Halbfabrikate wie Bleche, Bänder, Drähte, Röhren, Stangen, Profil- und Pressteile aus Messing und Kupfer hergestellt. Dank der aus den Gewinnen der Rüstungsproduktion Anfang des Ersten Weltkrieges und der Wiederaufnahme der Auslandsgeschäfte nach Kriegsende resultierende Stabilisierung des Unternehmens konnten bis 1921 noch weitere Bauten von neuen Produktionsstätten, der Anschluss des Neuwerks an den 1914 eröffneten Oder-Havel-Kanal (Hohenzollern-Kanal) und der eigene Anschluss vom Neuwerk an das Gleisnetz der Deutschen Reichsbahn ermöglicht werden. So wurde die Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG mit seinen ca. 50 zugehörigen und beteiligten Unternehmen im In- und Ausland zu einem der bedeutendsten Kupfer- und Messingwerke in Europa. Aber bereits 1923 mit Beginn der Weltwirtschaftskrise blieben zunehmend Aufträge aus und führten zu einer Nichtauslastung des Neuwerkes, damit begann allmählich der Niedergang des Konzerns. 1929 verlor die Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG auch noch die Hälfte ihres Aktienkapitals mit Versuchen eines Wiedereintrittes in den Zinnmarkt. Des Weiteren versuchte man sich Anfang der 30er Jahre mit der Fertigteilbauweise für Wohnhäuser aus Kupferblechen. Dieses Verfahren wurde von dem Ingenieur Friedrich Förster und dem Architekten Robert Krafft entwickelt. Damit weckte man das Interesse des berühmten Architekten Walter Gropius, Gründer des Bauhauses in Weimar, später in Dessau. Daraus entstand eine Zusammenarbeit von Gropius, Krafft und der Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG mit dem Projekt "Fabrikation von Kupferhäusern am laufenden Band". 1931/ 1932 baute man sogar acht verschiedenartige Musterhäuser am Rande der Messingwerksiedlung. Aber alle Versuche waren erfolglos. 1932 erfolgte dann eine Neugründung des Unternehmens in zwei separate Gesellschaften: die Berliner-Ilsenburger Metallwerke AG und die Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG (HKM). In diesem Zusammenhang schied die Familie Hirsch schrittweise bis 1938 vollständig aus dem Unternehmen aus. Mit der Neugründung stieg das Neuwerk zu einem der größten und modernsten Messingwerke innerhalb Deutschlands auf. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Produktion des Neuwerks auf Halbzeugfabrikate aus Leicht- und Schwermetalle für die deutsche Rüstungsproduktion und Wehrmacht umgestellt. Ab 1941 firmierte das ursprünglich "jüdisch" geprägte Unternehmen dann unter dem "arischen" Namen Finow Kupfer- und Messingwerke AG (FKM). Der Betrieb gehörte mit 98 % seiner Anteile der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft (AEG). Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges blieb das Alt- und Neuwerk von alliierten Bombenangriffen verschont. Kurz nach Kriegsende im Mai 1945 wurde das Neuwerk mit seinem beiden großen Hallen und all seinen Maschinen von der Roten Armee beschlagnahmt und als Reparation demontiert. Die Finow Kupfer- und Messingwerke AG wurde 1949 verstaatlicht. Aber bereits 1950 veranlasste die SED-Führung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) eine Neuerrichtung eines Walzwerkes auf dem ehemaligen Gelände des Neuwerkes. So nahm ab 1952 das VEB Walzwerk Finow seine Arbeit bis 1989 auf. Von den ursprünglichen Bauten des ehemaligen Neuwerk der Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG sind im Jahre 2009 nur noch wenige vorhanden. So sind z. B. das ehemalige Kesselhaus und das ehemalige Verwaltungsgebäude vom Neuwerk auf dem nunmehr neugestalteten Gewerbegebiet zufinden. Das Altwerk wurde ab 1945 zuerst von der Roten Armee genutzt, 1948 wurde es Volkseigentum der DDR, die es 1953 als Standort für die Kasernierte Volkspolizei nutzte. Ab 1956 richtete die Nationale Volksarmee der DDR hier ein Ersatzteillager für Fahrzeuge und Panzer ein. Seit der Landesgartenschau 2002 in Eberswalde ist das Altwerk der ehemaligen Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG mit der noch vorhandenen Villa Hirsch, dem Direktorenwohnhaus, dem Laboratorium, dem Verwaltungsgebäude (Torbogenhaus) und dem Wasserturm Bestandteil vom Landschaftspark Finowtal.
Bestandsgeschichte: Der Bestand gelangte 1966 anlässlich einer Bestandsabgrenzung vom Deutschen Zentralarchiv Potsdam (DZA) an das Staatsarchiv Potsdam (STA) und wurde dort in einer Findkartei verzeichnet. Im Rahmen des Umzuges des Brandenburgischen Landeshauptarchivs in Potsdam (BLHA) im Jahre 2003 wurden 15 unverzeichnete Kartons gefunden und dem bereits vorhandenen Bestand zugeordnet. Im November/Dezember 2008 wurde der Bestand während eines Praktikums technisch bearbeitet und in Augias intensiv neu- bzw. nachverzeichnet. Enthaltene Karten wurden an das Kartenmagazin abgegeben und im Bestand Rep. 75 Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG, Finow (Heegermühle) - Karten (Rep. 75 HKM Werk Finow K) verzeichnet. |
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Benutzung |
Erforderliche Bewilligung: | Keine |
Physische Benützbarkeit: | Uneingeschränkt |
Zugänglichkeit: | Öffentlich |
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URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1693268 |
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